Pfeifen Redaktionen auf den Informantenschutz?

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SIRENE

Pfeifen Redaktionen auf den Informantenschutz?

Beitrag von SIRENE »

Medien sollen uns nicht nur mit Larifarijournalismus unterhalten. Sie sollen auch als Kontrollinstanzen unserer Gesellschaft fungieren. Dazu bekamen sie über die Pressegesetze auch umfassende Recherchebefugnisse zugesichert, die durch höchstrichterliche Rechtsprechung auf gesellschaftsrelevante Unternehmen ausgeweitet wurden. Wenn Journalisten fragen, müssen Mächtige antworten. Außerdem dürfen Journalisten ihre Informanten geheimhalten. Dieser Schutz vor staatlichen "Observationen" durch Ermittler das Staates wurde im Jahre 2012 erweitert.

Informanten vertrauen darauf und setzen dies schon aufgrund üblicher Anstandsregeln voraus, wenn sie beispielsweise nach fehlgeschlagenen Gerichtsbemühungen von mächtigen Interessen so über den Tisch gezogen wurden, dass ihnen nur noch die Hoffnung auf das Interesse der Öffentlichkeit bleibt. Ich erinnere an den Fall des Gustl Mollath oder den des Harry Wörz. Viel Berichterstattung, auch brisant kritische gegen mächtige Interessen, beruht auf Insiderwissen.

Was aber, wenn Medien von sich aus die ihnen vertrauensvoll zugespielten Informationen z. B. an die Staatsgewalt weitergeben, die dann im Rahmen der Amtshilfe auch anderen Bereichen der Staatsgewalt zur Verfügung stehen? Anruf genügt. Nicht umsonst fürchtet der Bürger sich vor Ausspähung seiner Daten mehr als vor vielem anderen, das ihm eigentlich mehr Angst machen sollte.

Kaum zu glauben, dass sowas möglich ist? Ich kann einen Fall präsentieren, der nun zwar keine tragischen Folgen mehr für den Informanten haben wird, aber um so mehr Trouble für das Medium, dessen mangelndes Geheimhaltungsbewusstsein dem Betroffenen sogar eine Strafanzeige einbrachte. Die wurde inzwischen fallen gelassen. Und das sogar, bevor der Betroffene über die übliche Anhörung was in der Akte hinterlassen konnte. Bei entsprechendem Aufblustern der Staatsgewalt, entsprechenden Fragen und nachfolgend machtvoll-schrägen Interpretationen wäre ja auch denkbar, das man im Gefängnis sitzt wie schon viele andere, die das Schicksal jener teilen, denen Justizirrtum widerfuhr ...

Zählt in der Welt von morgen nur noch wer der Stärkste ist?
Ist unsere Demokratie nicht mal mehr das Papier wert, auf dem das Konzept formuliert worden ist?

Wieviel Demokratie wir noch haben bei so vielen einschneidenden Meinungsverschiedenheiten, könnte also auch Journalisten künftig am Allerwertesten vorbeigehen, solange sie noch genug Anerkennung aus dem noch funktionierenden System ziehen. Eingedenk der Bedeutung unserer Medien und ihrer hoffentlichen Meinungsfreiheit, sicherlich ein Thema, das den einen oder die andere sicherlich zum Nachdenken anregt. Zumal der Deutsche Presserat sich bisher nicht für den Fall interessiert hat, obwohl er gezielt informiert worden ist über den skandalösen Vorgang ...
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