Watchful_Eye hat geschrieben:(10 Dec 2017, 23:49)
Aber wie sieht die Alternative aus? Die meisten Kurse in geisteswissenschaftlichen Fächern sehen so aus, dass man einmal im Laufe des Semesters ein längeres Referat halten und am Ende eine Hausarbeit schreiben muss.
Es gibt ja nicht nur diese zwei Prüfungsformen. Bei uns kamen meistens Klausuren dran, hin und wieder auch mündliche Prüfungen. Ob man bei der Veranstaltung anwesend war oder nicht, war egal. Man geht halt zum Prüfungstag hin bzw. holt sich einen Termin. Und dann besteht man oder auch nicht. Genau so kann man mehrmals an einer Veranstaltung teilnehmen, wenn man möchte, und sich am Ende halt dafür entscheiden, keine Prüfung abzulegen. Dann gibt's trotz aller Anwesenheit natürlich auch keinen Schein. Anwesenheitspflicht war da die Ausnahme, z.B. für obligatorische Fachexkursionen, einzelne Seminare und Studienprojekte. Bei letzteren zwei konnte man aber meist drei, vier mal ohne Entschuldigung fehlen und danach braucht man ein Attest, sofern man weiterhin am Kurs teilnehmen möchte.
Davon abgesehen finde ich Hausarbeiten und Referate schon sinnvoll, um zu schauen, welche Leistung ein Student in dem Falle erbringt. Zudem ist es eine gute Übung, da es an Unis ja nun einmal eine wissenschaftliche Ausbildung gibt und man als Forscher, egal ob im Hochschulbetrieb oder bei externen Instituten, kaum dran vorbeikommt, später Präsentationen zu halten. Bei einer Hausarbeit sieht man wie sorgfältig der Student über einen längeren Zeitraum mit gelernten Methoden umgehen kann, wie gut er in das Thema einstieg und ob er die beigebrachten Qualitätsmerkmale erreicht. Sowas ist in 90 Minuten vor ein paar Blättern Papier oder in 45-60 Minuten im Hinterzimmer des Profs am Lehrstuhl kaum zu machen. Ein guter Dozent sollte es auch merken, ob sich ein Student mit einer Hausarbeit wirklich Mühe oder versucht mit dem minimalsten Aufwand ("straight durchziehen" mit kleinem Teilbereich) den Kurs zu bestehen. Bei mir habe ich das dann an der Note gemerkt. Hatte ich richtig Bock auf ein Thema, kamen solide Ergebnisse am Ende bei rum. Ist man genervt oder stellt im Nachhinein fest, dass das Thema ein Fehlgriff war, ist die Motivation im Keller, man schreibt verkrampft was zurecht und kommt gerade so damit durch. In den Vorlesungen zu hocken bringt dann auch nicht immer etwas, z.B. wenn eh erst zum Ende des Semesters die Prüfungsleistung bekanntgegeben wird oder man einen Verfechter der "Die Prüfung darf keine Wiederholung des vorgetragenen Inhalts sein, sondern muss das Thema/Fach erweitern und/oder vertiefen"-Ansicht. Da säßest Du dann im Kurs über Deutschland und China, hörst drei Monate Vorlesungen zur Bildungs- und Sicherheitspolitik, aber in der Klausur geht's dann um Wirtschafts- und Außenpolitik. Aber dafür gibt's ja entsprechende Skripte, die manchmal nicht schlechter sind als ein Dozent, der gerne seine Powerpoint-Folien vorliest und man sich fragen muss, ob montags um 8 sowas sein muss.