Tom hat geschrieben:Gibt es eigentlich schon existierende Fahrverbote in deutschen Städten für die Stinkpötte oder bleibt es bei den Androhungen?
Das solltest Du wegen der darin liegenden juristischen Systematik präzise formulieren - ich schlage folgende Frage vor : "Gibt es eigentlich schon NEUE existierende Fahrverbote in deutschen Städten für die Stinkpötte oder bleibt es bei den Androhungen?
Damit ist einerseits klar und anerkannt, einen solchen Vorgang gab es schon und diese Verbote sind nach wie vor auch wirksam. Sie betreffen alle Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 1 bis 3 einschließlich. Da wurde nicht gedroht , sondern alle Fahrzeuge die seither nicht wenigstens der Schadstoffklasse Euro 4 entsprechen, dürfen sog. "Umweltzonen" mit dem Zeichen (Vorschriftzeichen nach Anlage 2 zu § 41 StVO - vor der U-Zone) 207.1 "Beginn eines Verkehrsverbots zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone" und dem Zeichen 207.2 (vor dem Verlassen der U-Zone) "Ende eines Verkehrsverbots zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone".
Das Zusatzzeichen 1031 regelt welchen Schadstoffklassen S1 bis S* (*derzeit bis S6) beziehungsweise nach Euronorm Euro I bis Euro X (derzeit noch) eine Befahrerlaubnis haben. Fehlt das Zusatzzeichen 1031, gilt dort ein allgemeines Fahrverbot für alle Schadstoffklassen mit Ausnahme der davon befreiten Kraftfahrzeuge.
Je nach gültigem Fahrverbot enthält das Zusatzzeichen 1031 eine farbliche Markierung die mit den Plaketten der Schadstoffklasse bzw. der Schadstoffgruppe denen das Befahren dieser Zone gestattet wird, identisch sein muss.
bmvi hat geschrieben:Welche Schadstoffgruppen gibt es?
Die Kennzeichnungsverordnung definiert vier Schadstoffgruppen, die sowohl für Pkw als auch für Nutzfahrzeuge (Lkw, Busse, Sattelzugmaschinen) gelten.
Die vier Schadstoffgruppen orientieren sich an den Abgasemissionsstufen von Dieselfahrzeugen (Euro 1 bis Euro 4 bei Pkw sowie Euro I bis Euro V und EEV bei Nutzfahrzeugen). Fahrzeuge, die eine anspruchsvollere Abgasstufe wie beispielsweise Euro 5 für Pkw einhalten, fallen in die beste Schadstoffgruppe. Das ist die Schadstoffgruppe 4.
Durch Nachrüstung der Dieselfahrzeuge mit Partikelminderungssystemen (PMS), wie z.B. Partikelfilter, kann im Allgemeinen die nächst höhere Schadstoffgruppe erreicht werden. Die erreichte Nachrüststufe wird bei Pkw "Partikelminderungsstufe" oder "PM-Stufe" genannt, bei Nutzfahrzeugen (Lkw, Busse, Sattelschlepper) dagegen "Partikelminderungsklasse" oder "PMK".
Pkw und Nutzfahrzeuge (Nfz) mit Fremdzündungsmotor ("Benziner") werden nur in zwei Gruppen eingestuft:
in Schadstoffgruppe 1 ohne Plakette für Pkw und Nfz, die nicht Schadstoffgruppe 4 erfüllen oder
in Schadstoffgruppe 4 für alle Pkw und Nfz, die die Euro 1 bis Euro 4-Anforderungen erfüllen.
Schadstoffgruppe 4 gilt außerdem für alle Kraftfahrzeuge mit Fremdzündungsmotor, die mindestens die Anforderungen der Anlage XXIII der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) (Schlüsselnummer 01 oder 02) oder der 52. Ausnahmeverordnung der StVZO (Schlüsselnummer 77) erfüllen sowie für Kraftfahrzeuge mit Fremdzündungsmotor, die zukünftige Anforderungen, wie Euro 5 oder Euro 6 erfüllen.
weiter und vollkommen eindeutig :
bmvi hat geschrieben:Die Umweltzonen sind durch die Verkehrszeichen 270.1 und 270.2 der Straßenverkehrs-Ordnung als solche gekennzeichnet. Das Zusatzzeichen 1031 regelt, welche Fahrzeuge mit welchen Plaketten in der betreffenden Umweltzone fahren dürfen.
Fahrzeuge ohne geeignete Plakette dürfen die Umweltzone nicht befahren, sonst drohen 80 Euro Bußgeld, auch wenn das Fahrzeug auf Grund seiner Emissionsschlüsselnummer eine Plakette bekommen könnte. Fahrzeuge, die im Ausland zugelassen sind, benötigen ebenfalls eine Umweltplakette.
Ist das "Beginn eines Verkehrsverbots zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone" ein "Fahrverbot" ? Nun ja, "Verkehrsverbot" bedeutet dies und ist dabei an bestimmte Konditionen gebunden. Wenn die Missachtung zugleich mit der Fälligkeit eines "Bußgelds" von 80 € belegt ist und das Verkehrszeichen den für Verbote immer üblichen roten Außenring enthält, ist das systematisch klar ein Verbot.
Es gibt zahlreiche Verkehrszeichen die diesem Symbol folgen - das Verkehrszeichen 250 "Verbot für Fahrzeuge aller Art" wird lediglich durch die äußere Form des Verkehrszeichen 270.1 und seine Beschriftung "ZONE" - hier mit dem Schriftzug "Umwelt" an die Besonderheiten dieser Zonenregelung angepasst. Verkehrszeichen 274.1 enthält die maximal zulässige Geschwindigkeit (30) welche in der gesamten ZONE nicht überschritten werden darf. Auch hier sind alle Geschwindigkeiten höher als 30 km/h verboten. Dies und die gesamte Systematik aller "Verbotsbeschilderungen" lässt in jedem Fall eine erlaubte und im logischen Gegenzug daraus eine "verbotene" Nutzung der betreffenden Verkehrswege erkennen.
Wer glaubt, es handle sich um einen "minderen Verstoß" gegen die StVO sollte sich die ausgelobten Bußgelder für alle anderen Verstöße ansehen. Ein Bußgeld in der Höhe von 80 € bei Zuwiderhandlung des Verkehrsverbots ist "Platz Nr. 3" unter den möglichen Bußgeldandrohungen. Nur
Eine für kennzeichnungspflichtige Kraftfahrzeuge mit gefährlichen Gütern (Zeichen 261) oder für Kraftfahrzeuge mit wassergefährdender Ladung (Zeichen 269) gesperrte Straße befahren
mit 100 € Bußgeld oder aber mit 250 € wird
bei Eintragung von bereits einer Entscheidung wegen Verstoßes gegen Zeichen 261 oder 269
geahndet. Offensichtlich wird die Gefährdung durch Emission bestimmter Fahrzeugtypen mit nahezu der selben Härte verfolgt, wie das beim Befahren unter Mitführung gefährlicher oder wassergefährdender Güter bzw. Ladung der Fall ist.
Wer das Ganze wie hier zigfach geschehen verharmlosen möchte, hat schlicht die Absicht des Gesetzgebers verkannt. Das Übertretungen von Verboten nicht immer geahndet werden können, ist schlicht der Tatsache geschuldet, dass dies immer und überall so ist. Kann aber wohl kaum ein "zulässiges Argument" für deren Nichtbeachtung sein. Die Gesetzestreue seiner Bürger ist nach meiner Rechtsauffassung, eine Verpflichtung jedes Bürgers. Abweichungen davon sind schlicht illegal. Wer schon hier der Beliebigkeit das Wort redet, muss der andererseits nicht befürchten, dass Gesetze, die ihn und seine Familie schützen sollen, nicht auch schlicht missachte werden
Die Idee des Rechtsstaates wirkt in alle Richtungen. Das betrifft besonders die von der Allgemeinheit damit beauftragten drei Institutionen. Wer dabei zu welcher Rolle verpflichtet ist, ergibt sich aus dem GG. Wer glaubt "seine eigenen obskuren Rechtsvorstellungen" zum Maß aller Dinge machen zu können, bricht diese Verpflichtung genauso, wie jeder andere Rechtsbrecher.
Den Unsinn den besonders PD ständig hier verbreitet wird auch durch die von ihm stets angeführten kurzsichtigen Überlegungen nicht vernünftiger. Jedes der in der StVO enthaltenen Verbote - der überwiegende Teil der Verkehrszeichen ist ein Verbot - hat selbstverständlich neben der Wirkung des Verbots selbst, andere nachgehende Folgen. Das ist unvermeidbar. Wichtig ist die Absicht der jeweiligen Einschränkung. Der Rechtsstaat spricht sich gegen Fahrverbote aus ? Klar doch, überall wo das nach Gesetzt und Recht nicht erforderlich ist. Überall dort, wo das ebenfalls nach Gesetzt und Recht ERFORDERLICH ist, wird der Gesetzgeber die nachgeordneten Behörden selbstverständlich durch geltendes Recht notfalls auch zwingen, ein Fahrverbot für eine bestimmte Straße, eine bestimmte Zone zu verhängen.
Die ist z.B. seit Jahren in Mannheim und in zahlreichen anderen Städten bereits der Fall. Ob es nach dem Spruch des Bundesverwaltungsgerichts, der bis Ende Februar 2018 zu erwarten ist, weitere Fahrzeuge besonders der Schadstoffklasse 4 (Euro 4) mit gezielten Fahrverboten belegt werden, müssen alle zunächst abwarten. Das jeder selbstverständlich den Klageweg beschreiten kann, der seine oder die Gesundheit seiner Mitmenschen in Gefahr sieht, scheint Dir nicht so recht zu gefallen. Das ist allerdings vollkommen belanglos für ein Gericht, welches nach geltendem Recht und der Beweislage zu urteilen hat. Da wirst weder Du noch sonstwer gefragt. Ja, der Grund ist einfach und plausibel im funktionierenden Rechtsstaat - da entscheiden letztendlich Gerichte und eben keine wie auch immer ausgegangenen Befragungen, Unternehmerverbände und Verantwortliche in Kommunen und Städte die gegen Fahrverbote sind. Dies Meinungen werden sicher mit der aktuellen Gesetzeslage in Abwägung gebracht. Nur, wenn diese - eben die Gesetzeslage es ermöglicht, wird das Urteil darauf Rücksicht nehmen können. Alles andere ist schlicht Rechtsbeugung und selbst strafbar.
Wenn begrenzte Umweltzonen nicht ausreichen um die gesetzlichen Normen einzuhalten, wird eben dieser Staat zu flächendeckenden Fahrverboten für Fahrzeuge, welche die heutigen gesetzlichen Vorgaben nichtmehr erfüllen können, kommen müssen. Zwar waren/sind das keine Fahrzeuge, sondern Öl-Heizungen, auch da wurde der Weiterbetrieb schlicht und unerfreulich, einfach auf Grundlage bestehender Gesetze verboten. Warum soll dieses letzte Mittel nicht zur Anwendung kommen:?: Dort (bei Heizanlagen) entscheidet der Schadstoffausstoß über die weitere Nutzung. Davon sind und waren Millionen bestehender Anlagen betroffen. Wollen wir also hoffen, dass den lokalen Behörden vernünftige Lösungen einfallen werden, um die fragliche Fahrzeuge nur mit gewissen Einschränkungen legal weiter im Verkehr zu halten - jedenfalls bis sie der TÜV mit entsprechend schärferen Untersuchungen diese endgültig aus den Verkehr zieht.
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (aus China)