Aus der bisherigen bloßen Drohung wird in immer mehr Städten inzwischen Ernst.
Nach und nach werden die Gerichtsverfahren in den zuständigen Verwaltungsgerichten mit entsprechenden Urteilen abgeschlossen. Der Rahmen - die Möglichkeiten - wurde durch den obersten Gerichtshof des Bundes, durch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bereits verbindlich "abgesteckt" bzw. beschränkt.
Am 06.09.2018 wurde nun bekannt, das zuständige Verwaltungsgericht Wiesbaden (
Quelle : FAZ)
....hat das Land Hessen verpflichtet, in Frankfurt ein zonenbezogenes Fahrverbot zu erlassen. Der derzeit gültige Luftreinhalteplan von 2011 reicht nach Auffassung des Gerichts nicht, um die Stickoxid-Werte in Frankfurt unter den EU-Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft zu reduzieren.
Zusätzlich muss das Land Hessen die Busse in Frankfurt mit so genannten SCRT-Filtern nachrüsten.
Das Gericht hat dem Land zudem vorgegeben, in mehr Gebieten das Parken kostenpflichtig zu machen, um mit der Parkraumbewirtschaftung zusätzliche Anreize zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu setzen. Als Vorschlag nannte das Verwaltungsgericht zudem die Einrichtung kostenloser Park & Ride-Parkplätze am Stadtrand. Gegen das Urteil können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.
Die bange Frage von tausenden von Besitzern von Dieselfahrzeugen ist :
FAZ hat geschrieben:Ist mein Auto betroffen?
Wenn Sie einen Diesel der Schadstoffklassen Euro 1 bis Euro 4 oder einen Benziner der Klassen Euro 1 oder Euro 2 besitzen, sind sie vom Fahrverbot in Frankfurt betroffen. Diese Fahrzeuge dürfen ab 1. Februar 2019 nicht mehr in die gesperrten Zonen fahren. Für Besitzer eines Dieselfahrzeugs der Klasse Euro 5 gilt das Verbot ab dem 1. September 2019. Vorsicht: Die „grüne Plakette“ gibt Ihnen nicht zuverlässig Auskunft darüber, ob Sie vom Fahrverbot betroffen sind oder nicht – stattdessen ist ein Blick in den Fahrzeugschein nötig.
Wo gilt dieses Fahrverbot für die genannten Fahrzeuge ? Hier überlässt das Gericht der Beklagten die genaue Einteilung. Doch ließ die Urteilsbegründung nur wenig Zweifel daran, es wird wohl die gesamte Frankfurter Umweltzone sein. Im FAZ Artikel findet sich eine Karte - alle Gebiete innerhalb des Autobahnrings (A5, A661 und der A3), also der weitaus größte Teil Frankfurts ist bereits Umweltzone. Die A66 führt dabei quer durch das umgrenzte Stadtgebiet.
Betroffen sind 21.000 Diesel der Euro 4 Klasse ab dem 2. Monat im kommenden Jahr. Ab September 2019 gilt das Verbot auch für alle Diesel der Euro Klasse 5. Womit dann 40.000 weitere Dieselfahrzeuge die gegenwärtig direkt in Frankfurt zugelassen sind. Rechnet man das direkte Umland hinzu sind jeweils 98.000 Fahrzeuge Euro 4 plus 180.000 Euro 5 direkt betroffen. Leider sind das keineswegs alle Betroffenen. Sowohl aus Rheinland-Pfalz, als auch dem weiteren hessischen Umland, bis hin zu den Pendlern aus Nordbaden (Mannheim, Heidelberg usw.) gibt es eine hohe Zahl an betroffen Berufspendlern. Im FAZ-Artikel findet sich eine Darstellung des "engeren" Umlands. Groß-Gerau als südliche Begrenzung reicht keinesfalls aus um die Situation ausreichend zu beschreiben.
Das Urteil erlaubt "hinreichende Ausnahmen" - vermutlich können Handwerker und bestimmte Anwohner Ausnahmegenehmigungen erhalten. Eher selbstverständlich sind Einsatzfahrzeuge vom Fahrverbot ausgenommen. Auch Taxis werden wohl zu den wenigen Ausnahmen zählen.
Der tatsächliche "Impakt" wird aber erst an Hand der täglichen Pendler - das sind 360.000 - wie viele davon als Dieselfahrzeuge betroffen sein werden, ist noch unbekannt...
Nun das war Frankfurt - aber auch Offenbach und Darmstadt - und die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden "erwarten" Urteilssprüche (Dezember 2018). Um in der Region zu bleiben - gleich über dem Rhein wird das Mainzer Verwaltungsgericht am 24. Oktober das entsprechende Urteil für die rheinland-pfälzische Hauptstadt Mainz verkünden (48 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel). Dazu die
FAZ :In Frankfurt seien an vielen Messstellen zum Teil eklatante Überschreitungen der zulässigen Stickoxidwerte festgestellt worden. In Mainz dagegen habe man es geschafft, die entsprechenden Jahresmittelwerte zuletzt merklich zu senken. Gleichwohl liegen auch in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt noch immer zwei Messstellen – nämlich je eine an der Parcusstraße und an der Großen Langgasse – mit 42 beziehungsweise 48 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft über der europaweit vorgegebenen Obergrenze.
In Mainz setzt man darauf, dass die bislang unternommenen „massiven Anstrengungen“ zur Luftverbesserung vom Gericht gewürdigt werden. Mit der Inbetriebnahme der 9,2 Kilometer langen Mainzelbahnstrecke im Dezember 2016 sei zum Beispiel ein bundesweit beachtetes Nahverkehrsprojekt gestemmt worden; mit Wiesbaden zusammen wolle man die Citybahn aufs Gleis setzen.
Weitere Initiativen, wie der Kauf von Elektrobussen, Verbesserungen für Fahrradfahrer und eine intelligente Verkehrssteuerung seien ebenfalls bereits auf den Weg gebracht. „Mit dieser Gesamtanstrengung unterschreiten wir verlässlich bis Mitte 2020 die Stickoxid-Grenzwerte“, kündigte Ebling gestern an. Er sei überzeugt davon, dass das Gericht unbesehen des Frankfurter Urteils dieses Engagement honorieren und in Mainz keine Fahrverbote verordnen werde.
Mannheim - eine weitere Stadt in meinem Umfeld - wird als "Modellstadt" und relativ geringer Überschreitung der Grenzwerte (45 µg/m³) zumindest vorläufig nicht betroffen sein. Dort wären ca. 35.000 Fahrzeuge betroffen - plus alle die im dichtbesiedelten Umland existieren.
Reaktion ?
Quelle : FAZ (06.09.2018) "Umwelt-Anwalt zu Fahrverboten : „Hessen muss Entschädigung zahlen“"FAZ hat geschrieben:Tausende Diesel-Fahrzeuge dürfen bald nicht mehr nach Frankfurt fahren, ihr Wert ist über Nacht erheblich gesunken. Im FAZ.NET-Interview spricht Rechtsanwalt Stefan Altenschmidt über die Erfolgsaussichten einer Klage.
Herr Altenschmidt, wer einen Euro-5-Diesel fährt, kommt ab kommendem September nicht mehr nach Frankfurt rein. Dadurch ist sein Auto schon jetzt ein paar Tausend Euro weniger wert. Wen kann er verklagen?
Ich meine, dass Entschädigungsansprüche gegen das Land Hessen denkbar sind. Das wird kein Selbstläufer. Aber wir müssen ja sehen, dass das Verwaltungsgericht Wiesbaden sich zu einer Entscheidung gezwungen gesehen hat, weil seiner Ansicht nach die Politik versäumt hat, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um den Luftreinhalteplan zu erfüllen. Deshalb haben die Behörden aus meiner Sicht ihre Amtspflicht verletzt.
Kann ich nicht die Stadt Frankfurt verklagen?
Das Urteil richtet sich gegen das Land Hessen, das für die Luftreinhalteplanung verantwortlich ist. Mit Blick auf Versäumnisse ist Hessen in der Entschädigungspflicht.
Auch aus diesem Artikel :
Kann ich auch gegen meinen Automobilhersteller klagen, wenn er mich mit seinen Abgas-Angaben betrogen hat?
Einige Klagen dazu laufen ja. Zumindest mit Blick auf den Gesundheitsschutz sehe ich aber so gut wie keine Chance. Für den sind nach deutschem Recht die Bundesländer zuständig.
Auch das wird nicht wirklich hilfreich sein :
Hessen überlegt, gegen das Gerichtsurteil aus Wiesbaden in Berufung zu gehen. Glauben Sie, dass das jetzige Urteil am Ende doch noch gekippt wird?
Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sehe ich da kaum eine Chance. Das kann Hessen allenfalls machen, um Zeit zu gewinnen.
Das wiederum erscheint mir persönlich als sehr wahrscheinlich - immerhin findet die Wahl zm Hessischen Landtag schon bald - am 28. Oktober statt.
WIKI hat geschrieben:Bei der letzten Landtagswahl 2013 :
CDU 38,3 % SPD 30,7 % Grüne 11,1 % Linke 5,2 % FDP5,0 % AfD 4,1 % Sonstige 5,6 %
aktuelle INSA Umfrage vom 07.09.:
CDU 29 % SPD 24 % Grüne 14 % Linke 8 % FDP 7 % AfD 14 % Sonstige 4 %
Da sind Fahrverbote nicht gerade der Renner.... Aus den Augen - aus dem Sinn - könnte ja zunächst einmal durchaus hilfreich sein....
"Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." (aus China)