Kritikaster hat geschrieben:(07 Sep 2018, 19:38)
Die Bewertung der Entscheidung des am irrationalsten handelnden US-Präsidenten seit Langem steht natürlich jedem frei. Jeder von uns darf eine solche Person und deren Handeln unterstützen.
Man kann natürlich "leicht bedauernd" und sehr tolerant auf andere Argumentationslinien heruntersehen, die die Nahostpolitik der USA und der Regierung Trump und einige jüngst erfolgte, längst fällige Neujustierungen als Hinterherlaufen hinter dem aktuellen US-Präsidenten
bezeichnen, unter dem Verweis, dass das in diesem Fall von besonderer "Qualität" sei, weil dieser Präsident der am irrationalsten handelnde US-Präsident seit Langem sei.
Soweit, so gut. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was denn speziell an der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels so irrational ist? - Und daran anschließend die Frage, ob die Verlegung der Botschaft nach Westjerusalem! ebenso - irrational - zu nennen ist. Ein Teil dieser Stadt,
den nicht einmal diejenigen Palästinenser oder propalästin. arabischen Staaten, zumindest jene, die den politischen Verstand nicht vollständig abgegeben haben, als irreversiblen und integralen Bestandteil des Staates Israel in Frage stellen bzw. dies nicht als FAKT anerkennen wollten. Der ebenso
auch unverhandelbar, also bei welchen Friedenslösungen auch immer, weder Gegenstand noch Inhalt von Verhandlungen sein kann. Das ist also, wenn ich sie richtig verstehen, irrational. Ebenso die sehr deutlich von einer hervorragenden Politikerin wie Nikki Haily geänderte Haltung der USA
zur UN und auch zu UNRWA, diesem Anachronismus und ursächlichen Nest und Förderplatz für Hass ... und gegen Versöhnung und Friedenswillen. Alles irrational, was unter der Regierung Trump zu diesem Konflikt auf den Weg gebracht wurde.
Wie Sie schon großzügig feststellten und auch zugestanden, schließe ich mich Ihrer Haltung selbstverständlich an: Jeder von uns darf natürlich auch eine solche Person und deren Handeln NICHT unterstützen.
Und ob Mr. Trump tatsächlich einer der am irrationalsten handelnden Präsidenten seit langem ist, speziell in der Frage des Palästin.-Israel. Konflikts, wäre eine separate Diskussion durchaus wert. Siehe die Ereignisse des Jom Kippur - Krieges, des vierten massiven Versuchs vereinigter arabischer Armeen unter
Anwar al Sadat, Israel zu vernichten, was ja dann endlich zu einer finalen Lösung des Konflikts geführt hätte, die nicht kontraproduktiv gewesen wäre, weil sie die damalig, ziemlich aggressiv und einig auf Vernichtung Israels ausgerichteten arabischen Staaten und die PLO/Fatah des Herrn Arafat nicht vor den Kopf gestoßen hätte. Aber leider ließ sich die US-Regierung nicht nehmen, völlig irrational und natürlich höchst unerfreulich für die Palästinenser und auch die Hauptaggressoren Ägypten und Syrien den einzigen Schutz- und Zufluchtsstaat für Juden, Israel, mit massiven Rüstungslieferungen (u.a. direkte US-Luftbrücken nach Israel zur schnellen Lieferung von überlebenswichtiger Kriegsausrüstung) zu unterstützen. Damals handelte nicht nur der US-Präsident völlig irrational, wenn man dem Gedanken folgen will, alles was der arab.-palästin. Seite nicht genehm ist, sei friedensverhindernd oder kontraproduktiv für einen Friedensschluß. Nein, auch der US-Kongress zeigte sich völlig irrational, und stimmte der massiven Unterstützung Israels offiziell zu. Als Reaktion kam es dann zum sog. Ölboykott durch die wichtigsten Arabischen Erdölländer und zur sog. Ölkrise.
Auch ein Ergebnis einer völlig irrational handelnden US-Regierung...die sich keine Sekunde um die Befindlichkeit der arabischen Staaten scherte, weil diese Hilfe und Unterstützung irgendjemanden auf der arabisch-palästinensischen Seite vor den Kopf stoßen könnte. Besonders Ägyptens damaligen, nicht nur verbalen Muskelprotz, Anwar al Sadat, der 1972 öffentlich erklärte, dass sich Ägypten der Vernichtung Israels verpflichet sehe und er bereit sei, "wenn nötig, 1 Million ägyptischer Söhne zu opfern". (Siehe hierzu auch "die drei Neins" von Khartum).
Es kam dann allerdings anders. Der Staat Israel überlebte. Die anfänglichen militärischen Erfolge Sadats bröckelten und schlußendlich stand Israels Armee jenseits des Suezkanals, der damaligen Waffenstillstandslinie seit dem Sechstagekrieg, 120 km vor Kairo. Die 3. Ägyptische Armee war eingeschlossen,
und stand vor der völligen Vernichtung ...und Kairo, so Israel gewollt hätte, vor dem Fall. Am 24.10.73 endete der mit einem hinterhältigen Überfall am 6. Oktober begonnene Vernichtungskrieg gegen Israel mit einem UN-Waffenstillstand zwischen Ägypten und Israel.
Die hohen Opferzahlen, die dieser gezielt am höchsten Jüdischen Feiertag, Jom Kippur, entfachte Vernichtungskrieg für den jüdischen Staat bedeutete, seien nur am Rande erwähnt. Und ja, leider noch viel mehr Tote auf ägyptisch-arabischer Seite. Sinnlose Tote eines Krieges aus irrationaler Vernichtungswut.
Einige Jahre später reiste der einstige Vernichtungskrieger Anwar al Sadat nach Israel, genauer nach Jerusalem, sprach vor der Knesset und wurde beim Besuch der Al Aksha-Moschee von zigtausenden Palästinensern als Held gefeiert. Die PLO unter Arafat und die meisten arabischen Staaten jedoch brandmarkten Sadat als "Verräter an der arabischen Sache".
1979 geschah dann das Undenkbare, wenn man so will, das Irrationale. Über das einer der Kriegshelden von ´67, Mosche Dajan, später einem Journalisten sagte, er hätte der Aufgabe des Ostsinai niemals zugestimmt. Der als hardcore-Politiker verschriene Ministerpresident Israels, Menachem Begin, stimmte dem jedoch zu und letztlich auch die Knesset. Sadat akzeptierte seinerseits eine weniger stringente Absichtserklärung für nachfolgenden Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina. Der Friedensvertrag von Camp David unter dem völlig irrationalen Präsidenten Jimmy Carter kam zustande. Ägypten und Israel schlossen Frieden. In einem Vertrag, in dem erstmals ein arabischer Staat Israel und dessen Existenzrecht ohne Einschränkung anerkannte.
In den späten Tagen des März 2019 wird sich dieser noch immer haltende Frieden zwischen Ägypten und Israel vierzig Jahre alt sein. Und hoffentlich halten, egal, wie irrational das Handeln im Vorfeld dieses Friedensschlusses - nicht nur von US-Präsidenten - sondern auch anderen gewesen sein mag.
1994 schloss auch Jordanien Frieden mit seinem Nachbarn Israel. Rund die Hälfte der Jordanischen Staatsangehörigen sind ja palästinensisch-stämmig. Entsprechend unbeliebt ist der Nachbar Israel immer noch im Volk. Die Kooperation indes, ist zwischen beiden Ländern eng und Israel liefert z.Zt. wg. der enormen Flüchtlingsbelastung die doppelte Erdgasmenge an Jordanien. Ebenso will man mit gigantischen, gemeinsamen Wasserprojekten Meerwasser entsalzen und damit den See Genezareth aufladen. Selbst das Tote Meer will man wieder fitter machen und vor dem Austrocknen bewahren und vom Roten Meer Wasser dorthin leiten. Übrigens ein gemeinsames jord.-paläst.-israelisches Projekt. Wenn der Wille zu friedlicher Zusammenarbeit als win-win Situation nicht durch ständige Hass-, Rache- und Dämonisierung Israels torpediert würde, wäre vieles denkbar und möglich.
Und es ist nicht Israel, das all das untergräbt oder verhindert. Und auch die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem-West ist daran nicht schuld, das so wenig und vor allem kein Frieden zustande kommt. Und auch nicht der irrationale Trump, wenn man so will.
Kritikaster hat geschrieben:
Vergleiche mit Deutschland greifen allein schon deswegen nicht, weil die Herbeiführung eines kriegsfreien Zustandes zwischen den europäischen Nachbarn vom Tag der Kapitulation an (die meines Wisssens in Nahost nie erfolgte) NICHT von der schlußendlichen Anerkennung irgendwelcher Grenzen abhängig war. Dass es dazu kam, entspricht vollständig meinen Vorstellungen.
Ein kriegsfreier Zustand ist nicht von einer Kapitulation abhängig. Ein Waffenstillstand genügt auch. Und selbst die damalige Kapitulation hat nicht automatisch den völkerrechtlichen Verzicht auf etwaige Landverluste zur Folge. Sonst hätte es ja nicht der expliziten und entgültigen -völkerrechtlich verbindlichen-
Anerkennung z.B. Kaliningrads als russisches Staatsgebiet durch Deutschland bedurft. Ebensowenig eines Friedensvertrags mit Gewaltverzichtserklärung und Anerkennung der sog. Oder-Neisse-Grenze. Als irreversibler Fakt, den ein verlorener Krieg mit sich brachte mit all seinen Gebietsverlusten.
Selbstredend gibt es immer noch Menschen, denen diese, den realpolitischen Fakten und Veränderungen angepasste Politik quer im politischen Schlund liegt. Aber es ändert nichts an den eingeschlagenen Nägeln in den Sohlen des Europäischen Friedensschuhwerks.
Kritikaster hat geschrieben:
Die Annahme, "alle machen's falsch, nur wenige machen's richtig", ist für mich, abgesehen von religiös-ideologisch verbohrten Ausnahmen mit dem Ziel der Vernichtung des jüdischen Staates, auch nicht wirklich überzeugend. Ob sich Trumps Linie am Ende als erfolgreich erweist, ist offen. Da ich aber eine Friedenslösung zwischen Israel und seinen Nachbarn wünsche, hoffe ich, dass meine gegenwärtige Beurteilung falsch sein und er (und in seinem Fahrwasser auch Du
) Recht behalten möget.
Die Vergangenheit hat leider gezeigt, dass man der palästin. Seite selbst unter größter diplomatischer Sorgfalt, deren Befindlichkeit nicht zu dupieren, für jeden dargereichten Finger oder manchmals sogar die ausgestreckte Hand höchstens gebrochen oder mindestens angespuckt zurück bekam.
Deshalb sehe ich die Sache insgesamt auch anders wie Sie: "Wenn tausend Fliegen immer wieder auf dem selben Häufchen landen, mag das zwar für diese "richtig" sein. Ob es der Verschönerung und Verbesserung des Landschaftsbilds dient, ist indes nicht so sicher".