Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

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Wasteland
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Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Als Diskussionsgrundlage sollen diese, aber auch gerne alle anderen Artikel passend zum Thema dienen.

Wir gegen den Rest der Welt
Vor dem Hintergrund zunehmender innen- und außenpolitischer Konflikte nehmen Fremdenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien in der Türkei zu. Zu diesem Schluss kommen Experten einer aktuellen Studie der US-amerikanischen "Pew Research Foundation". Die Ergebnisse der Studie deuten sogar noch auf eine weitaus tiefergehende Angst vor dem Westen hin. Von Dorian Jones
Eine alte türkische Redensart besagt, dass "der einzige Freund eines Türken ein Türke" ist. Dieser Satz scheint sich aktuell zu bestätigen, wie es die überraschenden Resultate einer jüngst veröffentlichten Untersuchung der "Pew Research Foundation" zu belegen scheinen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die überwiegende Mehrheit der Türken anderen Nationen gegenüber ablehnend eingestellt ist. Abgesehen von den üblichen Verdächtigen (Israel und die USA), sagten zwischen 70 und 80 Prozent der Befragten aus, dass sie Vorbehalte auch gegen den Iran, Russland, Saudi-Arabien und sogar Brasilien haben.
"Dies erklärt zum Teil die gegenwärtig große Welle von Fremdenfeindlichkeit in der Türkei, die scheinbar niemanden ausspart", glaubt Cengiz Aktar, Professor für Internationale Beziehungen an der Istanbuler Suleyman Şah Universität, dem man seinen Überdruss anmerkt. "Juden, Christen, Araber, Perser – eigentlich jeder, der kein Türke ist, wird als Fremder angesehen, wenn nicht sogar als Feind."
https://de.qantara.de/inhalt/politische ... t-der-welt

Sèvres-Syndrom
Das Sèvres-Syndrom (türkisch Sevr Sendromu)[1][2][3] ist die in der heutigen Türkei verbreitete[4][5] Annahme, dass „ausländische Mächte“[6][7][8][9] sich verschwören, um die Türkei zu schwächen und zu vernichten.[10] Der Begriff geht auf den Vertrag von Sèvres von 1920 zurück, der das Osmanische Reich zwischen Armenien, Griechenland, Großbritannien, Frankreich und Italien aufteilte und nur ein kleines Gebiet um Angora unter türkischer Herrschaft beließ; allerdings wurde der Vertrag wegen des Türkischen Befreiungskrieges unter dem Gründer des türkischen Staates, Mustafa Kemal Atatürk, nie umgesetzt.[11] Der türkische Geschichtswissenschaftler Taner Akçam beschreibt diese Einstellung als eine andauernde Sichtweise, dass „es Mächte gibt, die es ständig anstreben, uns zu zerstückeln und zu zerstören, und dass es notwendig sei, den Staat vor dieser Gefahr zu verteidigen.“[12]
https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A8vres-Syndrom

Rechtsextremismus in der Türkei
Antisemitische Stereotype sind in allen politischen Richtungen der türkischen Gesellschaft weit verbreitet. Türkische Rechtsextremisten sind zudem minderheitenfeindlich.[6] Wichtiges Anliegen dieser Gruppierung ist die Situation der sogenannten „Auslandstürken“, damit sind die Uiguren in Xinjiang gemeint.

Der türkische Rechtsextremismus fußt auf einem Gefühl der Überlegenheit der türkischen Kultur und einer Verherrlichung des Türkentums. Ethnischer Rassismus wird geleugnet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsext ... %C3%BCrkei

Empörung über China, dann Prügel für alle Asiaten
Türkische Nationalisten regen sich über angebliche Beschränkungen des Fastenmonats Ramadan in China auf. Mehrfach kam es zu Übergriffen. Dumm nur, dass "echte" Chinesen so selten zu finden sind.
http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... iaten.html

Meine Frage ist, wie kommt es zu dieser Anfälligkeit für Verschwörungstheorien und fremdenfeindliche Ressentiments in gewissen Teilen der türkischen Gesellschaft? Das dies in erster Linie kein Religionsthema ist wird daran ersichtlich, das ebenfalls nationalistische und säkulare Kreise davon betroffen sind.
Wodurch entsteht nationalistische Paranoia, die Schuld für alles und jeden immer im Ausland sucht, aber niemals kritisch über sich selbst reflektiert? Warum werten manche Türken die Beschreibung dieser Zustände als persönlichen Angriff und reagieren wütend oder beleidigt?
Und wie wird sich die Türkei im Angesicht dessen international in Zukunft entwickeln?
Wird es eine Besinnung geben, oder wird Erdogan den nationalistischen Exzess bis zur Eskalation weiter aufpeitschen?
Wasteland
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Weiteres Beispiel für eine in der Türkei kursierende Verschwörungstheorie (gerade erst neulich von einem Deutsch-Türken ernsthaft serviert bekommen).

Atatürk war ein versteckter Jude, dessen Auftraggeber die Türkei in den Abgrund führen wollten.

Türkei nutzt OSZE-Konferenz zur Selbstdarstellung:
Die Türkei ist frei von Antisemitismus

oder: Der Mond ist eine Scheibe

Eines der beliebtesten Themen ist die vermeintliche Beherrschung der Türkei durch die als Dönme (wörtlich: Konvertiten) bezeichneten Nachfahren der Anhänger des Sabbatai Zwi, jenes "falschen Messias", der vor über 300 Jahren Juden aus ganz Europa anlockte und schließlich in Izmir zum Islam konvertierte. Nachfahren dieser Dönme, die seit Beginn der türkischen Republik unter engagierten Journalisten und linken Intellektuellen stark vertreten sind, werden bis heute als Kryptojuden denunziert und angegriffen. Republikgründer Atatürk, dessen Geburtsstadt Saloniki eine Hochburg der Dönme war, wird in zahllosen Publikationen als Werkzeug von Freimaurern und Juden diffamiert.

Prof. Yalcin Kücük, der in der Türkei als engagierter Linker gilt, veröffentlichte 2003 das Buch "Sebeke -Gizli Yahudiler" ("Das Netzwerk - die Kryptojuden"), in welchem er die Beherrschung der Türkei durch die Dönme behauptet; innerhalb eines Jahres erschienen bereits vier Auflagen.
http://hagalil.com/antisemitismus/europa/tuerkei.htm
Atheist

Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Atheist »

Wer starke Verbundenheitsgefühle zu einem Kollektiv verspürt, der ist auch eher dazu geneigt, unbegründete Theorien für wahr zu halten oder zumindest diese zum Anlass nehmend sich zu fürchten oder zu zürnen. Das ist z.B. wie bei Eltern, vor denen jemand behauptet, dass deren Kinder entführt würden. Selbstverständlich würden sie in dem Moment emotional reagieren, ganz gleich ob die Behauptung zutreffend oder erfunden wäre!

Bei Verschwörungstheorien über feindliche ausländische Agitation gegen das eigene Gemeinwesen kommt zudem hinzu, dass Verschwörungen sowie politische Agitation und Propaganda der gewöhnlichen Realität entsprechen, denn die allermeisten Staaten auf der Welt folgen einer interventionistischen Außenpolitik. Wer hier Theorien aufstellt, hat es zugegebenermaßen leicht, denn er muss nicht erst die Tatsache beweisen, dass sich verschworen wird, sondern kann sich gleich der detailierten Beschreibung widmen, wer sich verschwört und auf welche Weise dies geschieht. Menschengruppen, die aufgrund von ideologischen, religiösen, ethnischen, sexuellen oder sonstigen biologischen oder anderweitig wahrnehmbaren gemeinsamen Merkmalen auffallen, eignen sich besonders gut als Protagonisten von Verschwörungstheorien, weil sie eben auf den ersten Blick auffallen.

Interessant ist übrigens das deutsche Medienecho zu Erdogans Behauptung, die Gülen-Bewegung stecke hinter dem Putsch. Bisher habe ich keinen Artikel gelesen, der sich damit eingehend auseinandersetzt - allerdings wohl auch aus dem Grunde, dass Erdogan bisher recht vage geblieben ist. Mal sehen, was da noch diesbezüglich kommen wird.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Atheist hat geschrieben:(31 Jul 2016, 16:22)

Wer starke Verbundenheitsgefühle zu einem Kollektiv verspürt, der ist auch eher dazu geneigt, unbegründete Theorien für wahr zu halten oder zumindest diese zum Anlass nehmend sich zu fürchten oder zu zürnen. Das ist z.B. wie bei Eltern, vor denen jemand behauptet, dass deren Kinder entführt würden. Selbstverständlich würden sie in dem Moment emotional reagieren, ganz gleich ob die Behauptung zutreffend oder erfunden wäre!

Bei Verschwörungstheorien über feindliche ausländische Agitation gegen das eigene Gemeinwesen kommt zudem hinzu, dass Verschwörungen sowie politische Agitation und Propaganda der gewöhnlichen Realität entsprechen, denn die allermeisten Staaten auf der Welt folgen einer interventionistischen Außenpolitik. Wer hier Theorien aufstellt, hat es zugegebenermaßen leicht, denn er muss nicht erst die Tatsache beweisen, dass sich verschworen wird, sondern kann sich gleich der detailierten Beschreibung widmen, wer sich verschwört und auf welche Weise dies geschieht. Menschengruppen, die aufgrund von ideologischen, religiösen, ethnischen, sexuellen oder sonstigen biologischen oder anderweitig wahrnehmbaren gemeinsamen Merkmalen auffallen, eignen sich besonders gut als Protagonisten von Verschwörungstheorien, weil sie eben auf den ersten Blick auffallen.

Interessant ist übrigens das deutsche Medienecho zu Erdogans Behauptung, die Gülen-Bewegung stecke hinter dem Putsch. Bisher habe ich keinen Artikel gelesen, der sich damit eingehend auseinandersetzt - allerdings wohl auch aus dem Grunde, dass Erdogan bisher recht vage geblieben ist. Mal sehen, was da noch diesbezüglich kommen wird.
Soweit ich das verstanden habe gibt es beschlagnahmte Chatkonversationen zwischen Gülen-Anhängern und andere Dokumente, die belegen das die Bewegung mindestens zum Teil dahintersteckt.
Es gab wohl auch weitreichende Ermittlungen und die Entlassung und Verhaftung vieler der Militärs, die am Putsch beteiligt waren standen kurz bevor. Das war gewissermaßen ihre letzte Chance zu handeln.
Scheint mir auch plausibel zu sein.
Was mir nicht plausibel erscheint ist, warum die fanatischen Erdogan-Fans nicht hinterfragen, warum Erdogan noch bis vor kurzem sehr eng mit Gülen verbündet war.
Was macht Gülen heute anders, das ihn vorher einen engen Verbündeten sein ließ und heute zum Terroristen macht? Da liegt doch der Hase im Pfeffer. Solange Gülen sein Handlanger war, war Erdogan jedes Mittel Recht, dass er heute zu Terrorismus erklärt. Die Menschen glauben, wenn sie sich Verschwörungstheorien bedienen, das sie komplexe und geheime Machenschaften in der Welt durchschauen.
In Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall, sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und dieses reduzierte Weltbild ermöglicht ihnen mit simplen Parolen eine Welt zu erklären, die sie nicht begreifen.
Es macht sie aber sehr leicht manipulierbar. Das gilt für alle Verschwörungstheoretiker. Sie sind das Gegenteil von dem was sie glauben das sie sind.
Atheist

Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Atheist »

Wasteland hat geschrieben:(31 Jul 2016, 17:06)

Soweit ich das verstanden habe gibt es beschlagnahmte Chatkonversationen zwischen Gülen-Anhängern und andere Dokumente, die belegen das die Bewegung mindestens zum Teil dahintersteckt.
Es gab wohl auch weitreichende Ermittlungen und die Entlassung und Verhaftung vieler der Militärs, die am Putsch beteiligt waren standen kurz bevor. Das war gewissermaßen ihre letzte Chance zu handeln.
Scheint mir auch plausibel zu sein.
Man wird prüfen müssen, inwieweit sich die Vorwürfe erhärten lassen. Da Erdogans Umgang mit den mutmaßlichen Putschisten jedoch rechtsstaatlich zu beanstanden ist und er infolge dessen im verbündeten Ausland bereits massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt hat, sollte die Prüfung von unabhängigen Beobachtern überwacht werden. Auf den ersten Blick erscheinen seine Säuberungsaktionen jedenfalls als äußerst fragwürdig, denn wilde Enteignungen und umfassende Gleichschaltungen der Institutionen sind das genaue Gegenteil von dem, was hierzulande und andernorts als rechtens angesehen wird...

Was mir nicht plausibel erscheint ist, warum die fanatischen Erdogan-Fans nicht hinterfragen, warum Erdogan noch bis vor kurzem sehr eng mit Gülen verbündet war.
Was macht Gülen heute anders, das ihn vorher einen engen Verbündeten sein ließ und heute zum Terroristen macht? Da liegt doch der Hase im Pfeffer. Solange Gülen sein Handlanger war, war Erdogan jedes Mittel Recht, dass er heute zu Terrorismus erklärt. Die Menschen glauben, wenn sie sich Verschwörungstheorien bedienen, das sie komplexe und geheime Machenschaften in der Welt durchschauen.
In Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall, sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Und dieses reduzierte Weltbild ermöglicht ihnen mit simplen Parolen eine Welt zu erklären, die sie nicht begreifen.
Es macht sie aber sehr leicht manipulierbar. Das gilt für alle Verschwörungstheoretiker. Sie sind das Gegenteil von dem was sie glauben das sie sind.
Über so was kann man sich durchaus Gedanken machen, man muss es jedoch nicht. Putschen ist verboten - klingt lapidar, ist aber so. Da muss man prüfen und die tatsächlichen Putschisten im Rahmen geltender Gesetze und nach Beachtung europäischer Rechtsprinzipien wie dem Rückwirkungsverbot aburteilen.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Wasteland hat geschrieben:(31 Jul 2016, 17:06)

Soweit ich das verstanden habe gibt es beschlagnahmte Chatkonversationen zwischen Gülen-Anhängern und andere Dokumente, die belegen das die Bewegung mindestens zum Teil dahintersteckt.
  • "The MIT discovered the communications channel last winter and began the laborious process of decrypting the messages, which numbered in the millions. The agency eventually identified 40,000 names, including 600 senior military officers, suspected of connections with the group.

    None of the ByLock messages referred to a coup plot, senior Turkish intelligence officials said."

    http://www.wsj.com/articles/turkeys-pow ... 1469823062

Auch hier wieder nichts als heiße Luft.

Am Ende mag sich gar konstatieren lassen, dass die gesamte Ergenekon/Deep-State-Hypothese nichts weiter ist als eine riesige, strukturell antisemitische Verschwörungstheorie, der man selbst hier im Westen mitunter beinahe unhinterfragt auf den Leim geht.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

apartofme hat geschrieben:(31 Jul 2016, 22:21)

  • "The MIT discovered the communications channel last winter and began the laborious process of decrypting the messages, which numbered in the millions. The agency eventually identified 40,000 names, including 600 senior military officers, suspected of connections with the group.

    None of the ByLock messages referred to a coup plot, senior Turkish intelligence officials said."

    http://www.wsj.com/articles/turkeys-pow ... 1469823062

Auch hier wieder nichts als heiße Luft.

Am Ende mag sich gar konstatieren lassen, dass die gesamte Ergenekon/Deep-State-Hypothese nichts weiter ist als eine riesige, strukturell antisemitische Verschwörungstheorie, der man selbst hier im Westen mitunter beinahe unhinterfragt auf den Leim geht.
Ich kann das nicht beurteilen, aber es macht durchaus Sinn das Gülen dahinter steht. Die eine Mafia bekämpft die andere. Wer soll es sonst gewesen sein?
Der Zionismus wurde ja diesmal ausnahmsweise nicht als Strippenzieher benannt, oder irre ich mich da?
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Jekyll
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Jekyll »

apartofme hat geschrieben:(31 Jul 2016, 22:21)
Auch hier wieder nichts als heiße Luft.

Am Ende mag sich gar konstatieren lassen, dass die gesamte Ergenekon/Deep-State-Hypothese nichts weiter ist als eine riesige, strukturell antisemitische Verschwörungstheorie, der man selbst hier im Westen mitunter beinahe unhinterfragt auf den Leim geht.
Kann es sein, dass deine Fixierung auf "strukturell antisemitische Verschwörungstheorie" selber eine paranoide Verschwörungstheorie ist?
Sie schufen eine Wüste und nannten es...Frieden.
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Kardux
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

apartofme hat geschrieben:Am Ende mag sich gar konstatieren lassen, dass die gesamte Ergenekon/Deep-State-Hypothese nichts weiter ist als eine riesige, strukturell antisemitische Verschwörungstheorie, der man selbst hier im Westen mitunter beinahe unhinterfragt auf den Leim geht.
Den Tiefen Staat gab und gibt es weiterhin in der Türkei. Das ist keine Verschwörungstheorie, dafür gibt es Beweise. Der "Susurluk- Unfall" zählt u.a. dazu. Inwiefern Erdogan den Tiefen Staat reorganisiert hat erschließt sich mir noch nicht ganz, aber die extralegalen Hinrichtungen im Südosten existieren weiterhin und false-flag attacks gibt es ebenfalls noch. Das sind klare Indizien für den Tiefen Staat, nur jetzt in der Hand von Muslimbrüdern. Anhänger der MHP mischen da immer gerne mit und lassen sich sehr willig instrumentalisieren, ob das nun unter den Kemalisten oder Erdoganisten ist, spielt keine Rolle, hauptsache man darf "Feinde" willkürllich töten.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Kardux hat geschrieben:(01 Aug 2016, 01:45)

Den Tiefen Staat gab und gibt es weiterhin in der Türkei. Das ist keine Verschwörungstheorie, dafür gibt es Beweise. Der "Susurluk- Unfall" zählt u.a. dazu. Inwiefern Erdogan den Tiefen Staat reorganisiert hat erschließt sich mir noch nicht ganz, aber die extralegalen Hinrichtungen im Südosten existieren weiterhin und false-flag attacks gibt es ebenfalls noch. Das sind klare Indizien für den Tiefen Staat, nur jetzt in der Hand von Muslimbrüdern. Anhänger der MHP mischen da immer gerne mit und lassen sich sehr willig instrumentalisieren, ob das nun unter den Kemalisten oder Erdoganisten ist, spielt keine Rolle, hauptsache man darf "Feinde" willkürllich töten.
So sehr ich dich auch mag und sonst deine Sachlichkeit schätze Kardux, aber bei dem Thema schwingt immer eine gewisse Portion gründliche Abneigung gegen die Türkei und Türken bei dir mit.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Kardux hat geschrieben:(01 Aug 2016, 01:45)

Den Tiefen Staat gab und gibt es weiterhin in der Türkei. Das ist keine Verschwörungstheorie, dafür gibt es Beweise. Der "Susurluk- Unfall" zählt u.a. dazu.
Der Susurluk-Unfall ist mir bekannt. Was genau beweist er deiner Meinung nach?

Ich meine jetzt mal ganz objektiv, und jenseits von Wishful Thinking.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Jekyll hat geschrieben:(01 Aug 2016, 00:59)

Kann es sein, dass deine Fixierung auf "strukturell antisemitische Verschwörungstheorie" selber eine paranoide Verschwörungstheorie ist?
  • Days later, on March 21, Turkish analysts saw a YouTube video that showed Mr. Gulen wearing for the first time a khaki robe the same green hue used by the army.

    Analysts at MIT believed he was signaling his followers in the army, but they had no idea what.
Das ist Paranoia und ungefähr so lustig wie die Freimaurer-VT mit dem Angela-Merkel-Dreieck.

Der unlustige Aspekt dabei ist aber, dass eine Zeitung mit dem Titel "Millionen türkischer Steuergelder auf paranoider Suche nach harmlosem Imam verbrannt" in der Türkei heute wohl keine 24 Stunden mehr überleben würde.

Bild (nicht klicken, könnte einen Militärputsch auslösen!)
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Wasteland hat geschrieben:(01 Aug 2016, 00:52)

Ich kann das nicht beurteilen, aber es macht durchaus Sinn das Gülen dahinter steht. Die eine Mafia bekämpft die andere. Wer soll es sonst gewesen sein?
Ich persönlich denke ja, dass es die Zeugen Jehovas waren. Der Verein war mir noch nie ganz geheuer.
Der Zionismus wurde ja diesmal ausnahmsweise nicht als Strippenzieher benannt, oder irre ich mich da?
http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.639994

Erdogan: "There might be other countries involved as well. The Gülenist Terrorist Organzation also has another superior mind, if you will, and I think the time will come, when these connections will be decyphered, we have to be patient. And those superior minds are guiding them." [1]
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Kardux
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

apartofme hat geschrieben:(01 Aug 2016, 04:39)

Der Susurluk-Unfall ist mir bekannt. Was genau beweist er deiner Meinung nach?

Ich meine jetzt mal ganz objektiv, und jenseits von Wishful Thinking.
Zunächst einmal ist es kein "wishful thinking" das es den Tiefen Staat gab/gibt. Es hat immerhin vielen Menschen das Leben gekostet. Aber es zu leugnen wäre eine Beleidigung an die Opfer. Der Susurluk-Unfall beweist die Verstrickungen zwischen Offiziellen und einer mafiösen Todesmaschinerie. Der stellvertretende Polizeipräsident von Istanbul (und das ist in der Türkei ein sehr mächtiger Posten), ein "kurdischer" Abgeordneter, und ein Auftragskiller und Drogenhändler, werden tot bzw. schwer verletzt in einem Auto vorgefunden. Die hatten zusammen in einem Auto nichts zu suchen. Das sagte alles aus, was man in Kurdistan bereits schon wusste. Der Auftragskiller (Abdullah Catli) war steckbrieflich gesucht, sogar von Interpol. Auch interessant dabei ist die ständige Assoziiierung der PKK mit Drogen, ohne jedoch erwähnen zu wollen wie der türkische Geheimdienst MIT aber speziell der Tiefe Staat im Drogenhandel involviert sind um seine schmutzigen Aufträge zu finanzieren. Abdullah Catli arbeitete für die türkische Konterguerilla. Und diese ist extrem breit gefächert. Da mischten ehemalige PKK-Abschwörer, Dorfschützer, türkische Spezialeinheiten, MHP-Idealisten, Kriminelle mit. Letztere konnten auch niemals gefasst werden. Sie waren tagsüber inhaftiert in Gefängnissen und bekamen Todeslisten. Abends durften sie dann aus dem Gefängnis heraus um Menschen kaltblütig hinzurichten. Das war in den 90er Jahren Alltag in Nordkurdistan.

Wenn Sie das Thema zum Tiefen Staat wirklich interessiert empfehle ich Ihnen das Buch "Türkische Konterguerilla: Die Todesmaschine" von Selahettin Celik der den Susurluk-Unfall aber noch viele weitere Beweise hat für die Verstrickungen des türkischen Staates mit Kriminellen. Es werden viele einzelne Vorfälle detailliert beschrieben welche natürlich fein säuberlich dokumentiert wurden.
Wasteland hat geschrieben:So sehr ich dich auch mag und sonst deine Sachlichkeit schätze Kardux, aber bei dem Thema schwingt immer eine gewisse Portion gründliche Abneigung gegen die Türkei und Türken bei dir mit.
Das verstehe ich jetzt nicht. Du hast doch immerhin diesen Strang eröffnet der u.a. den Rassismus thematisieren soll. Was auch richtig ist. Und ich habe in diesem Forum auch schon so oft die Gründe für den Rassismus innerhalb der türkischen Gesellschaft so gut es ging erläutert. Es geht nicht darum die Türken zu dämonisieren. Während dem Osmanischen Reich hielten sie sich zumindest nicht für eine edle Herrenrasse, auch wenn sie damals andere Völker knechteten. Der überhöhte Rassismus hat wie du es treffend nochmal aufgezählt hast (Sevres- Syndrom) seine Gründe. Da sitzt ein Stachel sehr fest im türkischen Fleisch. Aber was habe ich denn so Abneigendes geschrieben das du mir Unsachlichkeit vorwirfst? Waren meine Aussagen zum Tiefen Staat nicht korrekt?

Ich habe immer vom Ziel einer friedlichen Koexistenz auf einer Augenhöhe gesprochen. Von einer demokratischen Türkei profitieren nicht nur die Türken, sondern der gesamte Nahe Osten aber auch der Balkan. Was gerade in der Türkei geschieht ist ein sehr großer Rückschritt für den Nahen Osten, die muslimische Welt. Die Türkei war quasi das einzige Land wo es noch einen Funken von Rechtstaatlichkeit gab. Die Gewaltenteilung wurde zumindest aufrechterhalten. Davon entfernt sich die Türkei jedoch gerade. Und gleichzeitig demotiviert es demokratische Kräfte in anderen muslimischen Ländern.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Mirrorside »

Wasteland hat geschrieben:(31 Jul 2016, 15:49)

Als Diskussionsgrundlage sollen diese, aber auch gerne alle anderen Artikel passend zum Thema dienen.

Wir gegen den Rest der Welt



https://de.qantara.de/inhalt/politische ... t-der-welt

Sèvres-Syndrom


https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%A8vres-Syndrom

Rechtsextremismus in der Türkei



https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsext ... %C3%BCrkei

Empörung über China, dann Prügel für alle Asiaten


http://www.welt.de/vermischtes/article1 ... iaten.html

Meine Frage ist, wie kommt es zu dieser Anfälligkeit für Verschwörungstheorien und fremdenfeindliche Ressentiments in gewissen Teilen der türkischen Gesellschaft? Das dies in erster Linie kein Religionsthema ist wird daran ersichtlich, das ebenfalls nationalistische und säkulare Kreise davon betroffen sind.
Wodurch entsteht nationalistische Paranoia, die Schuld für alles und jeden immer im Ausland sucht, aber niemals kritisch über sich selbst reflektiert? Warum werten manche Türken die Beschreibung dieser Zustände als persönlichen Angriff und reagieren wütend oder beleidigt?
Und wie wird sich die Türkei im Angesicht dessen international in Zukunft entwickeln?
Wird es eine Besinnung geben, oder wird Erdogan den nationalistischen Exzess bis zur Eskalation weiter aufpeitschen?

Das sind viele Fragen.

Das hängt mit vielen Faktoren zusammen. Die Geographie auf der die Türken leben wird ja von vielen begehrt. Nun Paranoya ist das nicht. Nun wirklich mussten die Türken ein Grossteil der Bevölkerung opfern um die Briten, Franzosen, Italiener, Griechen, Indier, Australier usw als Besatzer wieder loszuwerden und um ans Land bestehen bleiben zu dürfen. Die Gründung der Türkei an sich selbst ist bereits für gemütliche Euroäer als krankhaft zu bezeichnen. Aber die wenigsten Europäer wissen natürlich warum die Türkische Flagge rot ist. Wissen bei uns auch wenige is auch egal. Das ist so vergleichlich wie die Türkenglocke. Warum Hassen Österreicher die Türken? Berechtigte Frage denn die meisten Österreciher hassen Türken haben sogar Angst. Die Angst sitzt tief, ja fast genetisch verankert.

Nun wie auch immer Fremdenfeindlichkeit in der Türkei? Nonsens. Fremdenfeindlichkeit existiert in der Türkei nicht in der ausgeprägten Form wie in Deutschland. Fremde sind willkommen und ohnehin besteht die Türkei zur hälfte immer aus Fremden.

Ob nun bei gewissen kleinen Krisen Randalen gegen Chinesen stattfinden oder die Thailändische Botschaft gestürmt wird, kann als Statistik nicht auf 79.000.000 Menschen pauschalisiert werden. Diese Studie riecht nach Antitürking und wir erwarten in kommender Zeit noch mehr von diesem Bullshit.
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Tom Bombadil
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Tom Bombadil »

Mirrorside hat geschrieben:(01 Aug 2016, 12:19)

Nun wirklich mussten die Türken ein Grossteil der Bevölkerung opfern um die Briten, Franzosen, Italiener, Griechen, Indier, Australier usw als Besatzer wieder loszuwerden und um ans Land bestehen bleiben zu dürfen.
Was wohl am verlorenen Ersten Weltkrieg lag. Es besteht halt das Risiko, dass man bei imperialen Gelüsten einen auf die Fingerchen bekommt und danach das Imperium flöten geht, damit muss man leben, wenn man dieses Spiel spielt. Die daraus entstandenen Minderwertigkeitskomplexe mit Maulheldentum (Muslime haben Amerika entdeckt etc.pp.) und Rassismus zu kompensieren, ist allerdings keine so gute Idee.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
---
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Atheist

Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Atheist »

Tom Bombadil hat geschrieben:(01 Aug 2016, 14:01)

Ach deshalb heißt der Truthahn in den USA "turkey" LOL :D
Das könnte man durchaus sinnbildlich als die Einverleibung des, nun ja, "Amerikanischen Turkvölkerreiches" sehen. :D
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Kardux hat geschrieben:(01 Aug 2016, 08:56)

Zunächst einmal ist es kein "wishful thinking" das es den Tiefen Staat gab/gibt. Es hat immerhin vielen Menschen das Leben gekostet. Aber es zu leugnen wäre eine Beleidigung an die Opfer.
Daherspekulierte Zusammenhänge zwischen Morden zu leugnen ist keine Beleidigung der Opfer, sondern allenfalls eine Beleidigung derjeniger, die aus dem Tod der Opfer politisches Kapital schlagen möchten.

Die Beleidigung der Opfer liegt darin, dass die Verbrechen, die zu ihrem Tode geführt haben, dazu missbraucht werden, um Teile des Landes (seien es die politische Führung des Landes, andere politische Parteien, oder religiöse Bewegungen) zu dämonisieren und somit den politischen Prozess und die natürliche Entwicklung von Zivilgesellschaft nachhaltig zu behindern.
Der Susurluk-Unfall beweist die Verstrickungen zwischen Offiziellen und einer mafiösen Todesmaschinerie. Der stellvertretende Polizeipräsident von Istanbul (und das ist in der Türkei ein sehr mächtiger Posten), ein "kurdischer" Abgeordneter, und ein Auftragskiller und Drogenhändler, werden tot bzw. schwer verletzt in einem Auto vorgefunden. Die hatten zusammen in einem Auto nichts zu suchen. Das sagte alles aus, was man in Kurdistan bereits schon wusste. Der Auftragskiller (Abdullah Catli) war steckbrieflich gesucht, sogar von Interpol.
Wie gesagt ist mir dies alles bekannt. Weshalb diese drei Leute, die gemeinsam in einem Auto tot aufgefunden wurden, nun ein Beweis dafür sein sollten, dass es eine "mafiöse Todesmaschinerie" gibt, bzw. dass diese eine Parallelstruktur bildet, die sich durch alle Bereiche des Landes zieht, bleibt hier allerdings im Verborgenen bzw. wird gar nicht umrissen. Dass es Korruption, Mafia und Auftragsmorde gibt - und dass Funktionäre in Politik und Polizei bisweilen geschmiert werden, ist überhaupt nichts Neues. Neu dabei ist allerdings, dass davon ausgegangen wird, dahinter stehe ein staatenähnliches Gebilde, eine irgendwie geartete organische Struktur mit bestimmten übergeordneten politischen Zielen. Der Susurluk-Unfall ist für den aufmerksamen Geist eher ein Indiz des Gegenteils, weil es hier offenbar um einen ganz normalen Korruptionsskandal ging. Das ist aber für die Verschwörungstheoretiker eine viel zu banale Interpretation. Sie wollen lieber implizieren, dass ein Auftragskiller in der politischen Nahrungskette höher steht als ein Vertreter der Polizei und ein Parlamentarier. Das ist aber falsch. Wer die Biographie von Catli kennt, der weiß, dass er zu dem Menschenschlag gehört, der fast unabhängig von der politischen Zielsetzung für Geld ziemlich viel macht.
Auch interessant dabei ist die ständige Assoziiierung der PKK mit Drogen, ohne jedoch erwähnen zu wollen wie der türkische Geheimdienst MIT aber speziell der Tiefe Staat im Drogenhandel involviert sind um seine schmutzigen Aufträge zu finanzieren.
Was bleibt - gerade nach der Abgrenzung zum MIT - vom "Tiefen Staat" denn noch übrig, wenn man für einen Moment auf die Terminologie verzichtet?
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Mirrorside hat geschrieben:(01 Aug 2016, 12:19)

Das hängt mit vielen Faktoren zusammen. Die Geographie auf der die Türken leben wird ja von vielen begehrt. Nun Paranoya ist das nicht. Nun wirklich mussten die Türken ein Grossteil der Bevölkerung opfern um die Briten, Franzosen, Italiener, Griechen, Indier, Australier usw als Besatzer wieder loszuwerden und um ans Land bestehen bleiben zu dürfen. Die Gründung der Türkei an sich selbst ist bereits für gemütliche Euroäer als krankhaft zu bezeichnen. Aber die wenigsten Europäer wissen natürlich warum die Türkische Flagge rot ist. Wissen bei uns auch wenige is auch egal. Das ist so vergleichlich wie die Türkenglocke. Warum Hassen Österreicher die Türken? Berechtigte Frage denn die meisten Österreciher hassen Türken haben sogar Angst. Die Angst sitzt tief, ja fast genetisch verankert.
Es handelt sich da in meinen Augen durchaus um eine ausgeprägte Paranoia, wenn hinter allem und jedem eine Verschwörung aus dem Ausland vermutet wird.
Die Wahrheit ist, dass Ausland zerbricht sich gar nicht so sehr den Kopf über die Türkei, wie es von dieser Paranoia betroffene Türken denken.
Mirrorside hat geschrieben:(01 Aug 2016, 12:19)
Nun wie auch immer Fremdenfeindlichkeit in der Türkei? Nonsens. Fremdenfeindlichkeit existiert in der Türkei nicht in der ausgeprägten Form wie in Deutschland. Fremde sind willkommen und ohnehin besteht die Türkei zur hälfte immer aus Fremden.

Ob nun bei gewissen kleinen Krisen Randalen gegen Chinesen stattfinden oder die Thailändische Botschaft gestürmt wird, kann als Statistik nicht auf 79.000.000 Menschen pauschalisiert werden. Diese Studie riecht nach Antitürking und wir erwarten in kommender Zeit noch mehr von diesem Bullshit.
Natürlich gibt es Rassismus in der Türkei. Und das nicht zu knapp. Schau dir alleine mal die MHP an und was die so über Kurden, Juden, Armenier und Griechen denken.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

apartofme hat geschrieben:Daherspekulierte Zusammenhänge zwischen Morden zu leugnen ist keine Beleidigung der Opfer, sondern allenfalls eine Beleidigung derjeniger, die aus dem Tod der Opfer politisches Kapital schlagen möchten.
Politisches Kapital? Woraus? Etwa das Millionen Kurden in den Westen der Türkei oder nach Europa geflohen sind? Das Jahr für Jahr immer mehr Kurden assimiliert werden? In den 90er Jahren sind zehntausende Menschen in Kurdistan spurlos verschwunden oder wurden auf offener Strasse ermordet, das sind Tatsachen. Die Menschen wurden eingeschüchtert. Was für ein Kapital soll man daraus schlagen? Das Bestreben nach kurdischem Selbstbestimmungsrecht gab es schon seit dem 19. Jahrhundert, es benötigt keiner Menschenopfer um Kapital daraus zu schlagen.
apartofme hat geschrieben:Die Beleidigung der Opfer liegt darin, dass die Verbrechen, die zu ihrem Tode geführt haben, dazu missbraucht werden, um Teile des Landes (seien es die politische Führung des Landes, andere politische Parteien, oder religiöse Bewegungen) zu dämonisieren und somit den politischen Prozess und die natürliche Entwicklung von Zivilgesellschaft nachhaltig zu behindern.
Welche Zivilgesellschaft? Das müssen Sie jetzt erklären. Von welcher Zivilgesellschaft ist hier die Rede? Die Türkei befand sich ein paar Jahre auf einem guten Weg, aber Erdogan war nicht bereit den Konflikt langfristig zu lösen. Es läuft nämlich auf eine Dezentralisierung hinaus. Das akzeptiert diese türkische "Zivilgesellschaft" nicht. Weshalb wurde auch die Immunität von fast allen kurdischen MPs der HDP aufgehoben? Weshalb haben der Teile der CHP (rechter Flügel), die MHP, und die AKP da an einem Strang gezogen? In der Kurdenfrage ist man sich einig. Als der politische Prozess in Gang war, hat die AKP die Handbremse gezogen. Nicht die Kurden behindern die Entwicklung einer Zivilgesellschaft. Nicht die Kurden dämonisieren und entwürdigen das Leitvolk. Umgekehrt ist dies der Fall.
apartofme hat geschrieben:Wie gesagt ist mir dies alles bekannt. Weshalb diese drei Leute, die gemeinsam in einem Auto tot aufgefunden wurden, nun ein Beweis dafür sein sollten, dass es eine "mafiöse Todesmaschinerie" gibt, bzw. dass diese eine Parallelstruktur bildet, die sich durch alle Bereiche des Landes zieht, bleibt hier allerdings im Verborgenen bzw. wird gar nicht umrissen. Dass es Korruption, Mafia und Auftragsmorde gibt - und dass Funktionäre in Politik und Polizei bisweilen geschmiert werden, ist überhaupt nichts Neues.
Catli war ein Auftragskiller. Er saß mit einem mächtigen kurdischen Clanchef, der dem türkischen Staat dient in einem Auto, und dann auch noch mit dem stellvertretenden Polizeichef. So läuft das im Südosten ab. Der Staat erstellt Listen und Auftragskiller und kurdische Verräter führen dies aus. Ja, das ist nichts Neues. Das diese unaufgeklärten Morde in der Regel an Kurden verübt werden und dann auch in Kurdistan ist nicht weiter wichtig. Das ist natürlich reiner Zufall. Das Menschenrechtsaktivisten gezielt getötet wurden ist Zufall. Das hat nichts zu tun mit einer mafiösen Todesmaschinerie.

Abgesehen vom Susurluk- Unfall gibt es auch noch den Vorfall in der kurdischen Ortschaft Shemdîn, hierzu aus Wikipedia (welche nicht meine Quelle dieser Info ist):
Am 9. November 2005 explodierte in einem Buchladen in der Kreisstadt Şemdinli in der Provinz Hakkâri eine Handgranate. Es gab einen Toten und viele Verletzte. Passanten stellten drei Verdächtige. Zwei von ihnen gehörten der Gendarmerie an und einer war ein Überläufer der PKK. Der Staatsanwalt Ferhat Sarıkaya, der Verbindungen der Gefreiten Ali Kaya und Özcan İldeniz sowie des Überläufers Veysel Ateş zu hochrangigen Militärs aufzudecken versuchte, wurde seines Amtes enthoben.[14][15]

Die Täter wurden an der 3. Großen Strafkammer in Van angeklagt und am 19. Juni 2006 zu 30 Jahren 10 Monaten und 27 Tagen Haft verurteilt.[16] Im Mai 2007 hob die 9. Strafkammer des Kassationshofes das Urteil auf.[17] Die Richter der 3. Strafkammer in Van weigerten sich, das Verfahren an ein Militärgericht abzugeben. Sie wurden danach versetzt.[18] Nachdem das Verfahren an das Militärgericht in Van übergeben worden war, wurde hier die Freilassung der Angeklagten angeordnet.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tiefer_St ... .9Eemdinli

Ja, das ist natürlich auch kein Beweis.
apartofme hat geschrieben:Was bleibt - gerade nach der Abgrenzung zum MIT - vom "Tiefen Staat" denn noch übrig, wenn man für einen Moment auf die Terminologie verzichtet?
Natürlich grenze ich das ab. Der MIT ist in der Türkei der anerkannte Geheimdienst der nicht verdeckt operieren muss (tut er aber natürlich auch). Zum Tiefen Staat in der Türkei zählen der JITEM, die Spezialeinheiten, diverse Armee- Generäle, PKK- Abschwörer, Hizbollah- Anhänger, und türkische Rechtsextreme. Speziell der JITEM ist hier hervor zu heben. Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten das es keinen JITEM gab/gibt? Offiziell gab es ihn nicht. Und genau das macht einen "Tiefen Staat" aus. Abgesehen davon habe ich Ihnen ein Buch empfohlen in dem der Tiefe Staat in der Türkei sehr detailiert beschrieben wird. Falls Sie dies weiterhin ignorieren möchten, müssen Sie sich gedulden bis ich sehr detailiert aus diesem Buch zitiere.

Der Tiefe Staat in der Türkei wird nicht einmal von Türken geleugnet, also ich weiß echt nicht woraus Sie hinaus wollen...
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

apartofme hat geschrieben:(01 Aug 2016, 05:36)

Ich persönlich denke ja, dass es die Zeugen Jehovas waren. Der Verein war mir noch nie ganz geheuer.


http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.639994

Erdogan: "There might be other countries involved as well. The Gülenist Terrorist Organzation also has another superior mind, if you will, and I think the time will come, when these connections will be decyphered, we have to be patient. And those superior minds are guiding them." [1]
Erdogan hat nun offiziell zugegeben, dass die Türkei keine Beweise hat für die Verstrickung Gülens in den Coup und das sie auch keine vorlegen werden. Das sei nicht nötig, so in etwa, die USA sollen spuren wenn die Türkei das verlangt.
In einem Interview mit dem mexikanischen Fernsehen sagte er das.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Kardux hat geschrieben:(01 Aug 2016, 08:56)
Das verstehe ich jetzt nicht. Du hast doch immerhin diesen Strang eröffnet der u.a. den Rassismus thematisieren soll. Was auch richtig ist. Und ich habe in diesem Forum auch schon so oft die Gründe für den Rassismus innerhalb der türkischen Gesellschaft so gut es ging erläutert. Es geht nicht darum die Türken zu dämonisieren. Während dem Osmanischen Reich hielten sie sich zumindest nicht für eine edle Herrenrasse, auch wenn sie damals andere Völker knechteten. Der überhöhte Rassismus hat wie du es treffend nochmal aufgezählt hast (Sevres- Syndrom) seine Gründe. Da sitzt ein Stachel sehr fest im türkischen Fleisch. Aber was habe ich denn so Abneigendes geschrieben das du mir Unsachlichkeit vorwirfst? Waren meine Aussagen zum Tiefen Staat nicht korrekt?
Unsachlich bist du noch nie gewesen, aber aus deinen Zwischentönen spricht schon eine Abneigung gegen den türkischen Staat. Was aus deiner Perspektive ja auch verständlich ist.
Kardux hat geschrieben:(01 Aug 2016, 08:56)
Ich habe immer vom Ziel einer friedlichen Koexistenz auf einer Augenhöhe gesprochen. Von einer demokratischen Türkei profitieren nicht nur die Türken, sondern der gesamte Nahe Osten aber auch der Balkan. Was gerade in der Türkei geschieht ist ein sehr großer Rückschritt für den Nahen Osten, die muslimische Welt. Die Türkei war quasi das einzige Land wo es noch einen Funken von Rechtstaatlichkeit gab. Die Gewaltenteilung wurde zumindest aufrechterhalten. Davon entfernt sich die Türkei jedoch gerade. Und gleichzeitig demotiviert es demokratische Kräfte in anderen muslimischen Ländern.

Ich glaube, es bricht sich gerade in der Türkei etwas Bahn, das die wirkliche Stimmung im Großteil des Volkes widerspiegelt und vorher unterdrückt war. Extremer Nationalismus, Verschwörungsdenken und Überlegenheitsdünkel.
Aber solche Tendenzen müssen raus, erst dann können sie thematisiert werden. Wie überall wird auch die Türkei mit solchem Denken eine Bauchlandung machen und dann erst kann ein Umdenken beginnen.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Cat with a whip »

Wasteland hat geschrieben:(01 Aug 2016, 00:52)

Ich kann das nicht beurteilen, aber es macht durchaus Sinn das Gülen dahinter steht. Die eine Mafia bekämpft die andere. Wer soll es sonst gewesen sein?
Der Zionismus wurde ja diesmal ausnahmsweise nicht als Strippenzieher benannt, oder irre ich mich da?
Das ist ein gutes Bild von zwei konkurrierenden Mafias zu sprechen, die die Politik unter ihre Kontrolle bringen wollten.

Apropos Mafia, las gerade im Tagesspiegel dass Italien gegen Erdogans Sohn Bilal wegen Geldwäsche ermittelt.

Für die Kuriositätensammlung aus dem Hause Erdogan:
„Wenn mein Sohn heute nach Italien zurückkehren würde, könnte er festgenommen werden“, zitierten italienische Medien Erdogan am Dienstag. Das könne sogar die Beziehungen beider Länder gefährden. Italien möge sich lieber um die Mafia kümmern, sagte Erdogan.
http://www.tagesspiegel.de/politik/vorw ... 62242.html

Eigentlich extrem peinlich wenn sich jemand so geriert wie es vielleicht gemeinen Waschweiber aus der Unterstand oder einer Cindy aus Mahrzahn aus der Gosse zustünde. Da reagiert doch ein echter Staatsmann eher gelassen und zurückhaltend, wenn eh nix dran wäre. Aber nein, das ist ja nur wieder ein Beispiel der Ungerechtigkeit gegen die armen Erdogans. Welche euopäischen Länder fehlen eigentlich die sich noch nicht gegen Erdogan verschworen haben?
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Cat with a whip hat geschrieben:(03 Aug 2016, 14:46)

Das ist ein gutes Bild von zwei konkurrierenden Mafias zu sprechen, die die Politik unter ihre Kontrolle bringen wollten.

Apropos Mafia, las gerade im Tagesspiegel dass Italien gegen Erdogans Sohn Bilal wegen Geldwäsche ermittelt.

Für die Kuriositätensammlung aus dem Hause Erdogan:
„Wenn mein Sohn heute nach Italien zurückkehren würde, könnte er festgenommen werden“, zitierten italienische Medien Erdogan am Dienstag. Das könne sogar die Beziehungen beider Länder gefährden. Italien möge sich lieber um die Mafia kümmern, sagte Erdogan.
http://www.tagesspiegel.de/politik/vorw ... 62242.html

Eigentlich extrem peinlich wenn sich jemand so geriert wie es vielleicht gemeinen Waschweiber aus der Unterstand oder einer Cindy aus Mahrzahn aus der Gosse zustünde. Da reagiert doch ein echter Staatsmann eher gelassen und zurückhaltend, wenn eh nix dran wäre. Aber nein, das ist ja nur wieder ein Beispiel der Ungerechtigkeit gegen die armen Erdogans. Welche euopäischen Länder fehlen eigentlich die sich noch nicht gegen Erdogan verschworen haben?
Es ist ja nicht nur Europa, es ist die ganze Welt. Die ganze Welt lügt über die Türkei und Erdogan und will sie alle verunglimpfen und kleinhalten. :|
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Da ist es wieder. Laut Erdogans Berater Ibrahim Karagül, steckt der Westen dahinter und das Gülen-Netzwerk ist sein Handlanger.
They were the gunmen of the West's plan to end and destroy Turkey through a military coup.
http://www.yenisafak.com/en/columns/ibr ... it-2030888

Da stellt sich dann die Frage warum Erdogan mit Gülen bis 2013 eng verbündet war.
Erdogan verbündet sich mit Handlangern des Westens? Macht keinen Sinn.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

Wasteland hat geschrieben:Unsachlich bist du noch nie gewesen, aber aus deinen Zwischentönen spricht schon eine Abneigung gegen den türkischen Staat. Was aus deiner Perspektive ja auch verständlich ist.
Ich habe eine Abneigung gegenüber Rassismus, das stimmt. Und genau dieser Rassismus ist ein Bestandteil der türkischen Staatsdoktrin. Aber ich hege keine Abneigung gegen das türkische Volk, auch wenn sie nicht ganz unschuldig sind am Festhalten dieser Staatsdoktrin. Grenzen und Staatsausrichtungen waren und sind stets veränderbar, aber sofern man kein Genozidbefürworter ist (was ich nicht bin!) muss man nach Wegen und Lösungen suchen für eine friedliche Koexistenz. Ich glaube an den Wandel der türkischen Gesellschaft - nichts anderes bleibt mir auch übrig.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Kardux hat geschrieben:(03 Aug 2016, 00:35)

Politisches Kapital? Woraus? Etwa das Millionen Kurden in den Westen der Türkei oder nach Europa geflohen sind? Das Jahr für Jahr immer mehr Kurden assimiliert werden? In den 90er Jahren sind zehntausende Menschen in Kurdistan spurlos verschwunden oder wurden auf offener Strasse ermordet, das sind Tatsachen. Die Menschen wurden eingeschüchtert. Was für ein Kapital soll man daraus schlagen? Das Bestreben nach kurdischem Selbstbestimmungsrecht gab es schon seit dem 19. Jahrhundert, es benötigt keiner Menschenopfer um Kapital daraus zu schlagen.

Welche Zivilgesellschaft? Das müssen Sie jetzt erklären. Von welcher Zivilgesellschaft ist hier die Rede? Die Türkei befand sich ein paar Jahre auf einem guten Weg, aber Erdogan war nicht bereit den Konflikt langfristig zu lösen. Es läuft nämlich auf eine Dezentralisierung hinaus. Das akzeptiert diese türkische "Zivilgesellschaft" nicht. Weshalb wurde auch die Immunität von fast allen kurdischen MPs der HDP aufgehoben? Weshalb haben der Teile der CHP (rechter Flügel), die MHP, und die AKP da an einem Strang gezogen? In der Kurdenfrage ist man sich einig. Als der politische Prozess in Gang war, hat die AKP die Handbremse gezogen. Nicht die Kurden behindern die Entwicklung einer Zivilgesellschaft. Nicht die Kurden dämonisieren und entwürdigen das Leitvolk. Umgekehrt ist dies der Fall.
Vielleicht erkläre ich wirklich zunächst einmal, warum ich das ganze für so akut halte und was genau ich meine.

Verschwörungstheorien konstatieren, dass der politische Gegner

(1) Übermächtig ist,
(2) Aus dem Verborgenen heraus agiert, sowie
(3) In Zahl und Stärke unbekannt ist und daher
(4) Mit politischen Mitteln nicht zu bekämpfen ist

Darüber hinaus gibt es Verschwörungstheorien, die

(1) die offiziellen politischen Vertreter von gegenteiligen politischen Positionen als Marionetten einer Schattenregierung und daher nicht als Angriffspunkte für den politischen Wandel sehen und den politischen Prozess daher für eine Farce halten oder
(2) Organisationen als von undurchschaubaren Netzwerken durchdrungen betrachten, die die Unterscheidung zwischen Schuldigen und Unschuldigen innerhalb dieser Organisation unmöglich machen und daher massive Willkürmaßnahmen gegen diese Organisationen rechtfertigen

Das ist es, was ich hier mit politischem Kapital meine. Radikale Elemente können aus dem Verschwörungsglauben weiter Teile der türkischen Bevölkerung politisches Kapital schlagen. Das gilt für die derzeitige politische Regierung, das gilt für die MHP, aber das gilt auch für die PKK. Der Verschwörungsglaube ist es hier, der die Illusion herstellt, zivilgesellschaftliches Bemühen sei nutzlos und nur der gewaltsame Widerstand könnte zur Überwindung der politischen Verhältnisse führen.

Und das ist die Gefahr.
Zum Tiefen Staat in der Türkei zählen der JITEM, die Spezialeinheiten, diverse Armee- Generäle, PKK- Abschwörer, Hizbollah- Anhänger, und türkische Rechtsextreme. Speziell der JITEM ist hier hervor zu heben. Sie wollen doch nicht ernsthaft behaupten das es keinen JITEM gab/gibt? Offiziell gab es ihn nicht. Und genau das macht einen "Tiefen Staat" aus.
Dass es den JITEM gibt, leugne ich nicht. Es wurde ja auch mehr oder weniger versucht, ihn formalrechtlich zu institutionalisieren. Was ich allerdings leugne, ist, dass Armee-Generäle, PKK-Abschwörer, Hizbollah-Anhänger und türkische Rechtsextreme eine Verschwörung bilden, die im Hintergrund der Türkei einen Parallelstaat errichtet haben, der eigene konspirative Ziele verfolgt.
Der Tiefe Staat in der Türkei wird nicht einmal von Türken geleugnet, also ich weiß echt nicht woraus Sie hinaus wollen...
Natürlich wird der Tiefe Staat nicht einmal von Türken geleugnet. Merkwürdigerweise projizieren Türken, die an dieses Konzept glauben, in diesen Tiefen Staat aber zumeist genau das, was ihrer eigenen politischen Überzeugung zuwider läuft. Schon allein das sollte wenigstens ein kleines Indiz für den wahnhaften Charakter dieses Volksglaubens sein.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

Kardux hat geschrieben:Die Türkei befand sich ein paar Jahre auf einem guten Weg, aber Erdogan war nicht bereit den Konflikt langfristig zu lösen. Es läuft nämlich auf eine Dezentralisierung hinaus. Das akzeptiert diese türkische "Zivilgesellschaft" nicht. Weshalb wurde auch die Immunität von fast allen kurdischen MPs der HDP aufgehoben?
Hierzu nochmal eine kleine Bemerkung. Die türkische Regierung glaubt, dass der Kurdenkonflikt von westlichen (sprich: jüdischen) Mächten genutzt wird, um die Türkei zu destabilisieren. Das ist auch der Grund, weshalb sich die türkische Regierung auf einen Friedensprozess nicht mehr einlässt: Weil der einzige Weg, die jüdische Weltverschwörung loszuwerden die Vernichtung der Juden ist. Und derer kann der Erdogan ja nicht habhaft werden, weil sie in den USA und in Israel sitzen.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

apartofme hat geschrieben:Natürlich wird der Tiefe Staat nicht einmal von Türken geleugnet. Merkwürdigerweise projizieren Türken, die an dieses Konzept glauben, in diesen Tiefen Staat aber zumeist genau das, was ihrer eigenen politischen Überzeugung zuwider läuft. Schon allein das sollte wenigstens ein kleines Indiz für den wahnhaften Charakter dieses Volksglaubens sein.
Vielleicht reden wir ja aneinander vorbei, aber ich spreche nicht von dem "Tiefen Staat" der, wie es die Türken gerne sehen, von äußeren Mächten geleitet wird. Unterstützung beim Aufbau ihrer Konterguerilla gab es zwar schon von der Nato (Stichwort: Gladio) aber es geht primär um türkisch-nationale Interessen. Die Türkei hatte einen sehr großen Stellenwert für die Nato während des Kalten Krieges und das hat die Türkei gekonnt für sich ausgenutzt. Bis zum heutigen Tag ist es noch nicht ganz genau geklärt weshalb sich die kurdische Freiheitsbewegung in der Türkei so sehr am Kommunismus orientiert hat und das in den späten 70er Jahren (also dem Höhepunkt des Kalten Krieges). Als die Kurden im Irak ab den späten 50er Jahren wieder die kurdische Karte ins Spiel brachten wurden auch die Kurden in der Türkei inspiriert. Hierbei handelte es sich noch um eine Mischung aus einer links-orientierten Intelligentsia und einflussreichen patriotischen Stammesführern. Von einer marxistischen kurdischen Massenpartei war keine Rede. Der Fokus der Kurden im Irak lag auf die Ausübung ihrer Sprache und Kultur aber auch einer politischen Selbstbestimmung in einem schwachen Irak der von politischen Umstürzen gezeichnet war (König Faisal I, König Faisal II, Abdulkareem Qasim, usw.). In den 60er Jahren gab es dazu auch in der Türkei Tendenzen, jedoch nicht was die Selbstbestimmung betrifft. Man unternahm lediglich den Versuch die kurdische Identität am Leben zu halten. Das war natürlich Horrorszenario für die Türkei - wohin das Aufkeimen eines kurdischen Volksbewusstsein führen sollte war ihnen bewusst. Man hatte schon während des Osmanischen Reiches Erfahrungen damit gemacht. Interessant ist hier dann das Erstarken der türkischen Dev-Genc, einer marxistisch-leninistischen Jugendbewegung in den 60er Jahren - der Vorgängerbewegung aller extremen linken Strömungen in der Türkei (darunter auch die PKK). Die Rolle von "linken" Türken wie Dogu Perincek, innerhalb der Dev-Genc und ihrer späteren Splitterung ist hierbei interessant. Perincek entpuppte sich im Laufe der Zeit dann als türkischer Nationalist und war laut türkischer Justiz ebenfalls ein Teil der Ergenekon- Truppe. Auch interessant sind die Beziehungen zwischen Öcalan und dem MIT die es schon in den 60er Jahren gab. Sein Schwiegervater war sogar ein MIT- Offizier. Der türkische Enthüllungsjournalist Ugur Mumcu (der unter mysteriösen Umständen starb) als auch der Kurde Kemal Burkay griffen dieses Thema immer wieder auf. Alles an den Haaren herbei gezogen? In dem Kontext muss man sich dann betrachten wie die PKK in den Anfangsjahren aufgetreten ist.

1. Man stoss die tribalistische kurdische Landbevölkerung vor den Kopf mit ihrem linken Atheismus und der Forderung Töchter für den Kampf bereit zu stellen.
2. Die Verkehrssprache der PKK war Türkisch, man dachte auch auf Türkisch. Von einer kurdisch- nationalen Bewegung, die ja eigentlich notwendig war, war keine Rede. Auch wenn das Ziel eine kurdisch-sozialistische Republik war, standen stets der Kosmopolitismus und der Kampf gegen den internationalen Kapitalismus auf der Agenda.
3. Anders als die kurdischen Freiheitsbewegungen im Irak und im Iran setzte die PKK auf Terrorismus. Zivilisten und Unschuldige wurden angegriffen und somit spaltete man das kurdische Volk. Teile des kurdischen Volkes profitierten eben vom Staat und waren ihm gegenüber loyal. Das gab es auch im Irak und Iran, aber die kurdischen Parteien dort gingen nicht so rigoros gegen die Familien derer vor die mit der Zentralregierung paktierten. Ein fataler Fehler, der sich bis heute bemerkbar macht.
4. Die PKK griff andere marginale kurdische Parteien an, bevorzugt natürlich solche die kurdischen Nationalismus verkörperten. Man entledigte sich somit der "Konkurrenz" bzw. liess keine Parteien am Leben welche die Anwendung der kurdischen Sprache und Kultur fokusierten. Stattdessen sprachen PKK-Kader auf Türkisch von Kurdistan, Stalin, Lenin, usw.
5. PKK-Kämpfer wurden für den israelisch- palästinensischen Konflikt verheizt und somit zog man den Fokus Israels auf sich.

Das sich danach innerhalb der PKK eine Eigendynamik entwickelt hat ist nicht weiter verwunderlich, aber bis heute noch kommt es einem so vor das innerhalb der PKK Fremdkörper existieren. Die Ermordung von Sakine Cansiz in Paris sollte hierbei unter Betracht gezogen werden.

Was ich damit sagen möchte ist das die kurdische Bewegung ins linke Lager gedrängt wurde und so entwickelte sich die Kriminalisierung der kurdischen Freiheitsbewegung. Die Mehrheit der Türken weisen auch immer auf die Themen Stalinismus, Terrorismus, usw. hin wenn es darum geht den kurdisch-türkischen Konflikt zu analysieren. Es soll den Kolonialismus Kurdistans rechtfertigen, speziell im Westen. Das hat auch ziemlich gut funktioniert, sogar bis heute. Wenn Türken vor kurdischem Publikum reden müssen, dann wird die PKK als Armenierbande oder Yezidenbande hingestellt. Damit möchte man beweisen das wahre Kurden gar nicht gegen den türkischen Staat vorgehen könnten. Die PKK hat ihnen dazu natürlich auch viel Futter gegeben, zumindest in den Anfangsjahren. Also während die Türkei von der Nato ausgenutzt wurde im Kampf gegen den Kommunismus brachte man die Kurden mit ans "Boot". Der Tiefe Staat wurde niemals von Außen dirigiert, er handelte stets nach den Interessen der türkischen Leitkultur, aber verdeckt.
apartofme hat geschrieben:Darüber hinaus gibt es Verschwörungstheorien, die

(1) die offiziellen politischen Vertreter von gegenteiligen politischen Positionen als Marionetten einer Schattenregierung und daher nicht als Angriffspunkte für den politischen Wandel sehen und den politischen Prozess daher für eine Farce halten oder
(2) Organisationen als von undurchschaubaren Netzwerken durchdrungen betrachten, die die Unterscheidung zwischen Schuldigen und Unschuldigen innerhalb dieser Organisation unmöglich machen und daher massive Willkürmaßnahmen gegen diese Organisationen rechtfertigen


Der Tiefe Staat der Türkei in den 90er Jahren beispielsweise konnte nicht ohne das Einverständnis der Premierministerin Tansu Ciller agieren. Ciller war keine Marionette dieser Schattenregierung, der Tiefe Staat war/ist auch keine Regierung, sondern lediglich eine dubiose Struktur innerhalb des Staates um sich der lästigen Bürokratie zu entziehen. Man wollte immerhin eine Rechtsstaatlichkeit aufrechterhalten. Wenn man Leute wie Mehmet Agar, Cem Ersever, und Veli Kücük nicht aktiviert hätte, so hätte sich der türkische Staat offiziell gegen die Kurden richten müssen was wiederum dem Versuch eines geplanten Völkermordes gleich kam.
apartofme hat geschrieben:Dass es den JITEM gibt, leugne ich nicht. Es wurde ja auch mehr oder weniger versucht, ihn formalrechtlich zu institutionalisieren. Was ich allerdings leugne, ist, dass Armee-Generäle, PKK-Abschwörer, Hizbollah-Anhänger und türkische Rechtsextreme eine Verschwörung bilden, die im Hintergrund der Türkei einen Parallelstaat errichtet haben, der eigene konspirative Ziele verfolgt.
1. Die Existenz des JITEM obwohl es diesen offiziell nicht geben darf, ist schon ein Beweis dafür das hinter den Kulissen etwas stattfindet.
2. Veli Kücük hat diesen JITEM aufgebaut, ein pensionierter Brigadegeneral.
3. Der Vorfall in Shemdîn als zwei Gendamerie-Polizisten und ein PKK-Abschwörer (Veysel Ates) Handgranaten in einen Buchladen warfen und dann von Zivilisten gestellt wurden ist ein eindeutiger Beweis für die Verstrickungen zwischen PKK-Abschwörern und dem JITEM
4. Die "kurdische" Hizbollah war ein Instrument der Regierung und war niemals eine unabhängige Bewegung. Die Nachfolger dieser Islamisten wurden dann während den letzten Parlamentswahlen wieder aktiviert um Unruhe im HDP- Südosten zu erzeugen und Angst zu schüren. Was ja in den Neuwahlen gut geklappt hat.
5. Zu den türkischen Rechtsextremen brauch ich wohl nicht viel sagen. Man nehme als Beispiel nur den Mörder von Hrant Dink. Recherchieren dürfen Sie hier selber.

Lange Rede kurzer Sinn, der Tiefe Staat versucht nicht, wie es die AKP behauptet, einen Parallelstaat aufzubauen. Es geht einzig und allein um eine asymetrische Kriegsführung. Man entledigt sich seiner Feinde auf eine schnelle und kompromislose Art und Weise - ohne langes hin und her und bürokratischem Papierkram. Die Angriffe der armenischen ASALA auf türkische Diplomaten haben hierzu beigetragen. Nichtsdestotrotz ist das Hauptanliegen des Derin Devlet, die asymetrische Kriegsführung gegen das kurdische Volk - dem einzig verbliebenen inneren Feind der türkischen Leitkultur.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von HugoBettauer »

apartofme hat geschrieben:(04 Aug 2016, 08:33)

Hierzu nochmal eine kleine Bemerkung. Die türkische Regierung glaubt, dass der Kurdenkonflikt von westlichen (sprich: jüdischen) Mächten genutzt wird, um die Türkei zu destabilisieren. Das ist auch der Grund, weshalb sich die türkische Regierung auf einen Friedensprozess nicht mehr einlässt: Weil der einzige Weg, die jüdische Weltverschwörung loszuwerden die Vernichtung der Juden ist. Und derer kann der Erdogan ja nicht habhaft werden, weil sie in den USA und in Israel sitzen.
Die rund 26.000 türkischen Juden genießen seit den 20er Jahren umfassende Minderheitenrechte.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von apartofme »

HugoBettauer hat geschrieben:(04 Aug 2016, 16:15)

Die rund 26.000 türkischen Juden genießen seit den 20er Jahren umfassende Minderheitenrechte.
Ich hab' mal freiwillig in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge gearbeitet. Dort lernte ich Yuri kennen, vom Sicherheitsdienst. Yuri war Deutschrusse und erzählte mir, er habe früher immer Russen verprügelt, wenn sie sagten, er sei ein Nazi. Später, als er nach Deutschland kam, hat er angefangen, Deutsche zu verprügeln, die sagten, er sei ein Russe.

Yuri war auch mal in Afghanistan und hat dort für die Russen gekämpft. Gegen die Mujehedin. Seinen Orden hat er mir auch gezeigt. Und einem afghanischen Flüchtling, der selbst mal bei den Mujahedin war. "Ich habe gegen euch gekämpft", prahlte er, "Und getroffen".

Im großen Speisesaal erzählte er mir dann, was er über die Flüchtlinge denkt. 50% der Flüchtlinge, die nach Deutschland kämen, wären Terroristen. Ich sah mich dann so vorsichtig um und flüsterte leise: "Meinst du wirklich, also, die alle?" - "Nein, nein", sagte Yuri. Bei unseren Flüchtlingen sind keine Terroristen dabei, aber generell, ja, das glaube ich schon."

Naja. Wie auch immer. Deine Zahlen stimmen ja auch nicht und sind mal eben um ein gutes Viertel getürkt. Etwa 18.500 Juden sind es noch in der Türkei. Vor zehn Jahren waren es noch etwa 20.000, vor 70 Jahren noch 80.000. An mancher Stelle munkelt man, die bösen unter ihnen wären schon ausgewandert, an anderer Stelle hört man verlauten, die Juden wären für das Grubenunglück 2014 verantwortlich.

Es ist natürlich richtig, dass die Türkische Regierung ihre Minderheiten schützt. Auch vor Hetze. Selbst nach der Enterung der Mavi Marmara. Genau so, wie Yuri natürlich auch unsere lieben Flüchtlinge gegen Nazis beschützen würde. Das macht er gerne, der Yuri.

:)
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Kardux
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

HugoBettauer hat geschrieben:(04 Aug 2016, 16:15)

Die rund 26.000 türkischen Juden genießen seit den 20er Jahren umfassende Minderheitenrechte.
Und täglich grüßt das Murmeltier:
Judenhass hat türkischen Schulunterricht erreicht
Judenhass ist in der Türkei ein Alltagsphänomen geworden. Obwohl ich in Izmir, der demokratischsten Stadt der Türkei, wohne, wächst auch hier der Antisemitismus. Überall treffe ich auf Judenhasser und Feinde Israels, lausche ihren Vorurteilen auf der täglichen Busfahrt oder beim Besuch eines populären Fast-Food-Restaurants.

Nicht wenige von ihnen bewundern Hitler, wünschen sich, er hätte seine "Mission" zu Ende gebracht und nicht bei sechs Millionen ermordeter Juden aufgehört. Obwohl es mich anwidert, kann ich nichts dagegen unternehmen. Ich gehöre zu einer Minderheit in diesem Land und weiß, dass der Staat meine Rechte nicht schützen will und nicht schützen wird, weshalb es keine gute Idee wäre, darauf zu reagieren.

Ich besuche die zwölfte Klasse eines Gymnasiums. Um hier zu lernen, muss man eine Eintrittsprüfung bestehen. Die Lehrer sind deshalb ausgesprochen gebildet und anständig. Dieses Umfeld hebt sich von der türkischen Gesellschaft positiv ab. Dennoch musste ich diese Woche feststellen, dass sich selbst in diesem Umfeld etwas verändert hat.
http://www.welt.de/debatte/kommentare/a ... eicht.html
„In der Türkei existiert heute Antisemitismus. Wer dies verleugnet, der lügt“, sagt der Chefredakteur der türkisch-jüdischen Zeitung Salom und Berater des Chef-Rabbiners der Türkei, Ivo Molinas im Gespräch in einem schicken Café in Nisantasi, einem der säkular-modernen und edlen Vierteln Istanbuls. „Alles was ihnen zuwider ist, Musik, Kunst oder eine Lebensart wird „zur jüdischen Musik, jüdischen Kunst“ gemacht. Es findet eine Dämonisierung statt“, erzählt Molinas weiter.

Die türkische Regierung schaut tatenlos zu, wie ihre eigenen jüdischen Staatsbürger von Popstars, regierungsnahen Journalisten und Twitter-Usern für den Israelisch-Palästinensischen Konflikt, für kritischen Journalismus und sogar den PKK-Terror angefeindet werden.
http://www.tagesspiegel.de/politik/anti ... 97310.html

Weshalb heute nur mehr so wenige Juden in der Türkei leben sollte wohl auch nicht weiter hinterfragt werden, oder?
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Marmelada »

Spam entfernt.
HugoBettauer

Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von HugoBettauer »

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Solche Geisteshaltung lebt von realen politischen Frontstellungen gestern und heute und von einem starken Nationalismus. Dagegen hilft nur, kein Nationalist zu sein. Den Nationalismus auszutauschen und antitürkischer Fan eines Kurdenstaates zu sein hilft nicht. Natürlich könnte auch Ausland Druck aus Kessel nehmen aber wie real ist der?
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Jekyll
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Jekyll »

Kardux hat geschrieben:(04 Aug 2016, 22:31)

Und täglich grüßt das Murmeltier:
Na, immerhin werden sie nicht vertrieben wie so manche unliebsame Ethnien im Norden Iraks oder Syriens.
Weshalb heute nur mehr so wenige Juden in der Türkei leben sollte wohl auch nicht weiter hinterfragt werden, oder?
Der Hauptgrund dürfte die Gründung des Staates Israel sein. Und die USA übte schon immer eine Anziehungskraft auf Minderheiten aus aller Welt aus (in den USA leben etwa genau so viel Juden wie in Israel). So rosig wie die Zustände in den Herkunftsländern auch sein mögen, mit denen in den USA kann es kein Land der Erde aufnehmen. Das kann man, glaube ich, neidlos anerkennen.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von JJazzGold »

À propos Verschwörungsmentalität in der Türkei.

Angeblich wurde laut Erdogan in Deutschland die Video-Zuschaltung von PKK Protagonisten gestattet, in Köln. Da mir nur bekannt ist, dass die PKK in Deutschland als terroristische Organisation geführt wird und mir keine solche Zuschaltung bekannt ist, meine Fragen an die hier versammelten Erdogantürkeispezialisten. Wann und wo wurde welcher PKK Vertreter bei welcher Veranstaltung in Köln per Video zugeschaltet, um eine Rede an wen gerichtet zu halten?


Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland bei einer Großkundgebung heftig attackiert. Er kritisierte, dass er sich bei der türkischen Kundgebung in Köln am Sonntag vor einer Woche nicht per Videoleinwand zuschalten durfte. „Wo ist die Demokratie?“, fragte er. Den deutschen Behörden warf er vor, bei einer früheren Veranstaltung in Köln eine Videoschalte der PKK zugelassen zu haben. „Sollen sie die Terroristen nur ernähren“ , sagte er. „Wie ein Bumerang wird es sie treffen.“

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 76790.html

Wie ein Bumerang soll uns der Terrorismus treffen, von dem mir noch nicht einmal bekannt ist, wann dieser PKK Terrorismus angeblich durch Videozuschaltung von uns "genährt" wurde. Nur gut, dass Erdogan ein Handelspartner ist und kein Freund und sich selbst auch nicht als solcher betrachtet, ansonsten sähe ich mich gezwungen festzustellen, "wer solche Freunde hat, benötigt keine Feinde mehr".
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

JJazzGold hat geschrieben:(08 Aug 2016, 11:20)

À propos Verschwörungsmentalität in der Türkei.

Angeblich wurde laut Erdogan in Deutschland die Video-Zuschaltung von PKK Protagonisten gestattet, in Köln. Da mir nur bekannt ist, dass die PKK in Deutschland als terroristische Organisation geführt wird und mir keine solche Zuschaltung bekannt ist, meine Fragen an die hier versammelten Erdogantürkeispezialisten. Wann und wo wurde welcher PKK Vertreter bei welcher Veranstaltung in Köln per Video zugeschaltet, um eine Rede an wen gerichtet zu halten?


Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland bei einer Großkundgebung heftig attackiert. Er kritisierte, dass er sich bei der türkischen Kundgebung in Köln am Sonntag vor einer Woche nicht per Videoleinwand zuschalten durfte. „Wo ist die Demokratie?“, fragte er. Den deutschen Behörden warf er vor, bei einer früheren Veranstaltung in Köln eine Videoschalte der PKK zugelassen zu haben. „Sollen sie die Terroristen nur ernähren“ , sagte er. „Wie ein Bumerang wird es sie treffen.“

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 76790.html

Wie ein Bumerang soll uns der Terrorismus treffen, von dem mir noch nicht einmal bekannt ist, wann dieser PKK Terrorismus angeblich durch Videozuschaltung von uns "genährt" wurde. Nur gut, dass Erdogan ein Handelspartner ist und kein Freund und sich selbst auch nicht als solcher betrachtet, ansonsten sähe ich mich gezwungen festzustellen, "wer solche Freunde hat, benötigt keine Feinde mehr".

Hier:

http://www.nachrichtenxpress.com/07/201 ... t-erlaubt/

Diese Seite, Nex, ist übrigens ein ziemliches Propagandasprachrohr Erdogans unter Deutsch-Türken. Sowas wie RussiaToday.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von JJazzGold »

Wasteland hat geschrieben:(08 Aug 2016, 12:57)

Hier:

http://www.nachrichtenxpress.com/07/201 ... t-erlaubt/

Diese Seite, Nex, ist übrigens ein ziemliches Propagandasprachrohr Erdogans unter Deutsch-Türken. Sowas wie RussiaToday.
Danke Dir, nachdem ich jetzt einen Namen habe, bin ich auch beim Münchner Merkur fündig geworden.
Mir ist es nicht verständlich, dass einem PKK Führer in Deutschland eine Videoübertragung gestattet wurde, selbst wenn es im Rahmen eines Kulturfestivals geschah. Das ist doch ein eklatanter Widerspruch zu der Einordnung der PKK als terroristische Organisation in Deutschland.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

JJazzGold hat geschrieben:(08 Aug 2016, 13:16)

Danke Dir, nachdem ich jetzt einen Namen habe, bin ich auch beim Münchner Merkur fündig geworden.
Mir ist es nicht verständlich, dass einem PKK Führer in Deutschland eine Videoübertragung gestattet wurde, selbst wenn es im Rahmen eines Kulturfestivals geschah. Das ist doch ein eklatanter Widerspruch zu der Einordnung der PKK als terroristische Organisation in Deutschland.
Ich habe keine Ahnung wie das gerechtfertigt wurde. Vielleicht Ahnungslosigkeit? Oder die Veranstalter haben nicht offengelegt wer da sprechen wird.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von JJazzGold »

Wasteland hat geschrieben:(08 Aug 2016, 14:35)

Ich habe keine Ahnung wie das gerechtfertigt wurde. Vielleicht Ahnungslosigkeit? Oder die Veranstalter haben nicht offengelegt wer da sprechen wird.

Ich habe kurz einige Verfassungsschutzberichte NRW überflogen, aber dort wird die Videoansprache entweder nicht erwähnt, oder ich habe sie nicht gefunden. Nur die Veranstaltung in Straßburg, zu der er ebenfalls zugeschaltet war, war im Verfassungsschutzbericht BW erwähnt. Eigenartig. Vor fünf Jahren, das war 2011, da war, wenn ich mich richtig erinnere, von Entspannung und Friedensprozess noch nichts in Sicht. Das kann also nicht der Grund gewesen sein.

Bleibt uns nur die Spekulation.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von HugoBettauer »

JJazzGold hat geschrieben:(08 Aug 2016, 13:16)

Danke Dir, nachdem ich jetzt einen Namen habe, bin ich auch beim Münchner Merkur fündig geworden.
Mir ist es nicht verständlich, dass einem PKK Führer in Deutschland eine Videoübertragung gestattet wurde, selbst wenn es im Rahmen eines Kulturfestivals geschah. Das ist doch ein eklatanter Widerspruch zu der Einordnung der PKK als terroristische Organisation in Deutschland.
Ich bin ja auch nicht für die PKK, aber die aktive Handlung wäre hier das Verbot. Öffentliche Demonstrationen, ob nun mit Videoschalte oder sonstwie, sind nur anzeigepflichtig und ein Verbot oder eine Auflage wäre zu rechtfertigen, nicht die Demo mit Video.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von JJazzGold »

HugoBettauer hat geschrieben:(08 Aug 2016, 20:38)

Ich bin ja auch nicht für die PKK, aber die aktive Handlung wäre hier das Verbot. Öffentliche Demonstrationen, ob nun mit Videoschalte oder sonstwie, sind nur anzeigepflichtig und ein Verbot oder eine Auflage wäre zu rechtfertigen, nicht die Demo mit Video.

Was nach wie vor die Frage aufwirft, weshalb einem PKK Führer ein Auftritt per Videozuschaltung genehmigt wurde, oder dieser unbeobachtet und unkommentiert blieb und Erdogan nicht. Letztendlich wird nach meiner Einschätzung der Unterschied im formellen Bereich gelegen haben.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von HugoBettauer »

Das denke ich auch. Evtl war es einfach so, dass bei Erdogan eher jemand drauf kam, wer das ist und dass es ihm nicht behagt und dass der PKK-Mann unterhalb der Aufmerksamkeitsschwelle passierte.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von X3Q »

JJazzGold hat geschrieben:(09 Aug 2016, 10:49)


Was nach wie vor die Frage aufwirft, weshalb einem PKK Führer ein Auftritt per Videozuschaltung genehmigt wurde, oder dieser unbeobachtet und unkommentiert blieb und Erdogan nicht. Letztendlich wird nach meiner Einschätzung der Unterschied im formellen Bereich gelegen haben.
Ich meine, die Aktion der PKK damals war eine private Veranstaltung und nicht als politische Demonstration angemeldet.

--X
Wasteland
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Wasteland »

Passt dazu. Die türkische Zeitung Yeni Söz behauptet, dass der Westen die Türkei mit "künstlichen Erdbeben" bedroht.

Ausserdem schützt die jüdische Familie Rothschild die Gülen-Bewegung. :dead:



https://www.facebook.com/photo.php?fbid ... =3&theater
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Keoma »

Ist ja auch nicht schlecht:

http://www.handelsblatt.com/politik/int ... 83744.html

"Auf Twitter schrieb Burhan Kuzu, Chefberater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, über Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ): „Verpiss dich, Ungläubiger!“ "
So macht man sich Freunde.
Der Gescheitere gibt nach!
Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von JJazzGold »

X3Q hat geschrieben:(09 Aug 2016, 16:57)

Ich meine, die Aktion der PKK damals war eine private Veranstaltung und nicht als politische Demonstration angemeldet.

--X
Guter Gedanke, das könnte tatsächlich den Unterschied ausmachen, die Veranstaltung in Straßburg z.B. war auch eine kulturelle Veranstaltung.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Atheist »

JJazzGold hat geschrieben:(10 Aug 2016, 14:34)

Guter Gedanke, das könnte tatsächlich den Unterschied ausmachen, die Veranstaltung in Straßburg z.B. war auch eine kulturelle Veranstaltung.
Private Neonazi-Festivals werden auch öfters auf gefahrenabwehrrechtlicher Grundlage aufgelöst, hier wurde jedoch nicht eingegriffen. Die Frage ist wohl eher, ob es eine Straftat ist, das Führungs- oder sonstiges Personal der PKK auf einer nichtöffentlichen Veranstaltung live zuzuschalten. Vom § 86 StGB wird es nicht erfasst. Volksverhetzungen, Aufforderungen zu Straftaten etc. scheinen wohl auch unterblieben zu sein. Vielleicht wollte man lieber beobachten, was da so vor sich geht, und Daten über die Besucher sammeln...

Der Vergleich zu Erdogan hinkt aber sowieso, weil bei Erdogan völlig andere Gründe gegriffen haben, namentlich juristisch: Versammlungsfreiheit nur für physisch Anwesende (im digitalen Zeitalter fragwürdig!); politisch: Zuständigkeit der Bundesregierung (verständlich!); ablaufbezogen: Sicherheitsbedenken (eher fragwürdig!).
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Kardux »

Keoma hat geschrieben:"Auf Twitter schrieb Burhan Kuzu, Chefberater des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, über Österreichs Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ): „Verpiss dich, Ungläubiger!“ "
So macht man sich Freunde.
Ja, und der türkische Außenminister bezeichnete Wien als die „Hauptstadt des radikalen Rassismus“.

Ich meine was soll man dazu genau sagen? Auf der einen Hand behaupten viele Türken das man eigentlich gar nicht an einem EU- Beitritt interessiert ist und türkische Politiker steuern ja auch in die entgegen gesetzte Richtung welche die EU vorgegeben hat, aber dann reagiert man immer so dünnhäutig wenn bestimmte EU-Staaten das aussprechen was sich wohl die Mehrheit in der EU mittlerweile denkt. Bundeskanzler Kern hat natürlich mit seiner Aussage Recht, aber ich denke das er auch irgendwo Wahlpropaganda betreibt. Die FPÖ wird nämlich immer stärker. Auf der anderen Seite wird die SPÖ mit diesen Massnahmen damit rechnen müssen das viele Österreich-Türken, die traditionell rot wählen, bei kommenden Wahlen wohl boykottieren werden. Ein Ritt auf der Rasierklinge für Bundeskanzler Kern. Ich würde aus türkischer Sicht solche Sprüche aus Wien anders aufnehmen.

Abgesehen davon wird Wien seit mehreren Jahren zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt. Davon profitieren auch Auslandstürken. Wenn Wien die Hauptstadt des radikalen Rassismus wäre, gäbe es kaum so viele türkische Idealistenvereine und Islamistenvereine (nicht unbedingt radikal-islamisch aber zum Teil fanatische AKP-Anhänger).
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Jekyll
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Re: Rassismus, Fremdenfeindlichkeit & Verschwörungsmentalität in der Türkei

Beitrag von Jekyll »

JJazzGold hat geschrieben:(10 Aug 2016, 14:34)

Guter Gedanke, das könnte tatsächlich den Unterschied ausmachen, die Veranstaltung in Straßburg z.B. war auch eine kulturelle Veranstaltung.
Ja, wirklich clever, Terrorismus unter "kultureller Veranstaltung" zu subsumieren. Das macht in der Tat ein Unterschied aus, insbesondere was die Hohlheit angeht.
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